Zitat von Mannheimer Morgen
[size=21px]Mehr als ein "Kindergarten-Cop" [/size]
EISHOCKEY: Neuzugang Shawn Carter soll die Adler führen
Von unserem Redaktionsmitglied Christian Rotter
Shawn Carter baut sich vor Patrick Ehelechner auf und versucht, dem Adler-Goalie die Sicht zu nehmen. Schlagschuss von der blauen Linie, der US-Amerikaner fälscht ab - Tor. Während die meisten seiner Mannschaftskameraden nach dem schweißtreibenden Trainingsauftakt im Eissportzentrum Herzogenried bereits auf dem Weg unter die Dusche sind, hängt der 32-Jährige, der von den Augsburger Panthern nach Mannheim wechselte, noch eine Sonderschicht dran. Er schult seine Hand-Augen-Koordination.
Etwas anderes hatte Stéphane Richer von seinem Neuzugang auch nicht erwartet. "Shawn ist ein Spieler, der in jeder Partie eine tadellose Einstellung aufs Eis bringt. Er ist ein echter Leader. Ich plane, ihn zusammen mit Jeff Shantz immer gegen den gegnerischen Top-Sturm zu stellen. Sie sollen den Stars die Lust am Spielen nehmen", liefert der Adler-Coach eine Arbeitsplatzbeschreibung für den Linksschützen, der in der vergangenen Saison für die Panther in 53 Spielen 43 Punkte auf seinem persönlichen Konto verbuchte (15 Tore und 28 Assists).
Bei den Adlern trägt Carter die "10" - eine Nummer, die im Fußball Spielmacher für sich beanspruchen. Die Fans verehren diese begnadeten Techniker wegen ihrer Kabinettstückchen. Für harte Arbeit auf dem Platz sind sich viele von ihnen zu schade. Bei Carter sieht die Sache anders aus. Er ist ein Rollenspieler, der nicht unbedingt glänzen will, sondern den Erfolg der Mannschaft über alles stellt. Der Center mit Stärken am Bullypunkt (Erfolgsquote Saison 2004/05: 54,72 Prozent) geht da hin, wo es weh tut. Wie der berühmte Duracell-Hase spult er sein Pensum herunter. Carter läuft und läuft und läuft. Er ist "unkaputtbar".
"Mein Job ist es, den anderen Jungs zu helfen. Ich halte unseren Stars den Rücken frei und gebe den jungen Cracks Tipps, wie sie ihr Spiel verbessern können", sagt Carter, der Verteidiger Sven Butenschön zum Verwechseln ähnlich sieht. Ein "Kindergarten-Cop", der nicht nur die Talente führt, sondern auch einmal auf den Tisch haut und seinen Teamkameraden Disziplin eintrichtert, will der 32-Jährige aber nicht sein. "Ich habe zwar mitbekommen, dass die Adler in der vergangene Saison vor allen Dingen in der Vorrunde Probleme damit hatten, kühlen Kopf zu bewahren. Doch das ist Vergangenheit. Rich bekommt das schon hin."
Daher musste die Arbeitsbiene über das Vertragsangebot des DEL-Rekordmeisters auch nicht erst eine Nacht schlafen. "Ich bin froh, ein Teil dieses Klubs zu sein. Es ist einfach unglaublich, wie viele großartige Spieler sich das blau-weiß-rote Trikot überziehen. Ich bin noch nie für ein Team aufgelaufen, das so talentiert ist", verteilt der Routinier Vorschusslorbeeren. Dass mit Andy Roach (St. Louis Blues) und Top-Defender Stéphane Robidas, der bei den Dallas Stars einen mit 1,1 Millionen Dollar dotierten Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben hat, in die nordamerikanische Profiliga NHL abgesprungen sind, hat Carter zwar mit einem Zähneknirschen registriert. "Aber egal - jetzt müssen wir alle eine Schippe drauflegen." Eines scheint sicher: Carter wird diesen Worten Taten folgen lassen.