Hamburger Abendblatt vom 09.12.2002
Das Matsch-Match
Frust bei den Freezers: Abbruch nach Defekt der Eisanlage.
Von Lutz Wagner
Hamburg - Den Begriff Kühlschrank im Namen zu tragen, garantiert noch lange nicht, dass auch immer genügend Eis im Kasten ist. Diese peinliche Erfahrung mussten gestern die Eishockey-Freezers bei ihrer Partie gegen die Kassel Huskies machen.
Es war kurz vor 17 Uhr, als Referee Axel Rademaker zur Zeitnehmerbox fuhr, um seine Entscheidung mitzuteilen: Abbruch wegen Unbespielbarkeit der Eisfläche in der Color-Line-Arena. Beide Kühlaggregate der nagelneuen Color-Line-Arena hatten ihren Dienst quittiert. Dem eilends herbeizitierten Techniker war es auch nach einer Stunde nicht gelungen, den Schaden zu beheben.
8000 Zuschauer, die zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als eine Stunde ausgeharrt hatten, quittierten die Ansage des Hallensprechers Christian Fremy mit einem gellenden Pfeifkonzert. Vor allem die 800 Gästefans verliehen ihrem Unmut lautstark Ausdruck. Immerhin hatten sie am Sonntag in aller Herrgottsfrühe den Sonderzug "Happy Huskie-Train 11" bestiegen, der Kassel bereits um 7.19 Uhr Richtung Hamburg verließ. Angesichts dieser Tatsache war ihr Toleranzmaß nachvollziehbarerweise begrenzt. Fast flehentlich bat Arena-Chef Uwe Frommhold deshalb Kassels Teamleitung, wenigstens einige Spieler zum Gästeblock zu beordern, um die aufgebrachten Anhänger zu besänftigen.
Dabei hatte im ersten Drittel noch alles nach einer neuen großen Eishockey-Party im Freezers-Tempel ausgesehen. Bereits in der fünften Minute brachte Pat Mikesch die Huskies mit 1:0 in Führung. Damit war Spannung garantiert. Denn die Freezers laufen irgendwie immer erst zu großer Form auf, wenn sie in Rückstand liegen.
So auch dieses Mal. Innerhalb von fünf Minuten drehten die Kühlschränke durch Tore von Bob Lachance (13.) und Jason Miller (17.) die Partie zu ihren Gunsten. Doch schon in dieser Schlussphase des ersten Drittels wurden die Probleme mit den Kühlmaschinen offenbar. "Das Eis wurde immer weicher und fing an zu schmelzen, das habe ich noch vor der Pausensirene dem Schiedsrichter mitgeteilt", berichtete Huskies-Stürmer Tobias Abstreiter.
Zwar versuchte der Mann auf der Eismaschine in der Pause, mit verstärktem Wischen das sich anbahnende Desaster noch abzuwenden, doch vergebens. "Die Sicherheit der Spieler war nicht mehr gewährleistet, deshalb konnte ich die Partie nicht wieder freigeben", erklärte Referee Axel Rademaker.
So sehr sich die Eishockey-Experten auch zu erinnern versuchten, ein vergleichbarer Fall fiel keinem ein. "Bei den alten Freiluftstadien kam es früher wohl mal zu Spielabsagen wegen Nebels, aber ein Abbruch wegen schmelzenden Eises ist mir nicht bekannt", räumte selbst Freezers-Manager Boris Capla ein.
Hamburgs Chefcoach Sean Simpson brüskierte später sein Pendant Gunnar Leidborg mit der Einlassung, es sei letztlich zum Abbruch gekommen, weil Kassel nicht länger hatte warten wollen. Der Konter des Kollegen kam prompt. Dies sei nur die halbe Wahrheit, sagte Leidborg: "Der Referee hat uns gesagt, es gebe keine Garantie, dass das Spiel fortgesetzt werden könne."
Nun hoffen die Freezers wegen "höherer Gewalt" auf eine Neuansetzung der Partie. Allerdings dürfte es äußerst schwierig werden, im dichten Spielplan einen geeigneten Termin zu finden. Für die Fans gab es indes sofort ein Trostpflaster: Zum halben Preis durften sie sich auf der anderen Straßenseite die Fußball-Bundesligapartie HSV gegen Bochum ansehen.