Konkurs, Insolvenz, Pleite, oder doch nicht !?!
Da die Gegenwart wieder dieses Thema aktuell macht, setz ich den Bericht einfach mal hier rein. Sehr interessant zu lesen.
Die schönsten Eishockey-Pleiten
Mit Bad Tölz hat`s nun auch den letzten der Altmeister erwischt
VON GÜNTER KLEIN Bad Tölz - Nun also auch die Tölzer Löwen. Ereilt vom typischen Eishockey-Schicksal. Pleite. Früher ging ein Verein mit Zahlungsnöten in Konkurs, heutzutage in Insolvenz. Es gibt im deutschen Eishockey weniger unbescholtene als betroffene Standorte. Insofern ist die bevorstehende Pleite der Tölzer Eissport GmbH eine relativ unaufgeregte und spektakulär nur durch den geschichtlichen Hintergrund, den der Klub hat: Er ist einer der bayerischen Altmeister. Der letzte, den es erwischt hat nach: Füssen, Riessersee, Kaufbeuren, Landshut, Rosenheim.
Macht man sich daran, eine Sittengeschichte des deutschen Eishockeys zu erstellen, fängt man mit den Pleitefällen an, bei denen das meiste Geld verbrannt wurde. Offizielle Aufzeichnungen gibt es nicht und somit keine ausgewiesene Spitzenposition. Um die würden sich streiten: die Maddogs München, verblichen im Jahr 1994, und die Berlin Capitals, von uns gegangen in 2002. Zwischen 20 und 25 Millionen Miese hatten die Münchner Maddogs akkumuliert, als ihnen um Weihnachten `94 die Lizenz entzogen wurde. Und bei 20 Millionen im Soll standen die Berliner Capitals, als sie im Sommer 2001 wochenlang um die Spielgenehmigung für die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) rangen. Aber sie mussten noch eine ganze Saison bestreiten, und es ist nicht anzunehmen, dass sie an ihr verdient haben.
In München und Berlin hat man diese Fälle aber routiniert hingenommen. Die bayerische Landeshauptstadt verlor dereinst schon den EHC 70, das war Anfang der 80er-Jahre, und eine der schönsten Anekdoten aus jener Zeit kann Max Fedra erzählen, damals Spieler beim EHC 70. Über Monate hatte der Vorsitzende Merkel keine Gehälter bezahlt, und um die Versöhnung einzuleiten, betrat er mit einer Kiste Orangen die Mannschaftskabine. Nach ein paar Sekunden, sagt Fedra, tropfte der Orangensaft von der Decke.
Die Preußen, die Devils und die Capitals
In Berlin verabschiedete sich der in den 70er-Jahren noch ruhmreiche Schlittschuh-Club von der Szenerie, aus den Trümmern erhob sich der BSC Preußen, aus dem die Preußen Devils und dann die Capitals wurden. Der Großunternehmer, der sich zuletzt erfolglos an den Caps versuchte, war Egon Banghard, Immobilienunternehmer aus Stuttgart. Und nebenzu Fußballervermittler, in dieser Funktion Geschäftspartner des Mario-Basler-Schwagers Roger Wittmann. Da fanden sich die richtigen Leute zusammen.
Wie man einen Konkurs elegant zur Seite schafft, führte vor mehr als 25 Jahren der Kölner EC vor. Als dort finanziell nichts mehr ging, gründete sich der Klub neu. Ein junger Rechtsanwalt trat in den Vorstand ein und schlug vor: Nennen wir unseren Verein weiter Kölner EC aber mit einem Zusatz: Die Haie. "Das kam von mir", sagt Bernd Schäfer III noch ein Vierteljahrhundert später mit Stolz. Er wurde bekannt als der Mann, der die DEL 1997 der Einflusssphäre des Verbandes entriss.
Noch in den 80er-Jahren war Konkurs ein verheerendes Urteil. Üblicherweise hieß das: Spielbetrieb sofort beendet auch während der Saison. Dass es anders geht, zeigte der Neu-Ulmer Konkursverwalter Herwig Lödl, der von 1987 bis 1989 den Augsburger EV übernahm und kurierte. Gesundschrumpfung in der 3. statt der 2. Liga, Zwangsvergleich mit den Gläubigern eine halbwegs saubere Lösung, bei der zumindest ein paar Prozent rüberkamen. In Iserlohn versuchte man es auch mit dem Modell des Neuanfangs eine bis zwei Etagen tiefer. Aus dem EC Deilinghofen wurde der ECD Iserlohn, aus diesem der ECD Sauerland, heute spielt der Iserlohner EC. 1987 schaffte es der ECD Iserlohn auf die Politik-Seiten der Zeitungen. Als Sponsor in höchster Not (mit einer Einlage von 500 000 Dollar über die Bank of Arabia) wurde der libysche Revolutionsführer Ghaddafi gewonnen, werben sollten die Cracks für das Grüne Buch, den Lebens-Leitfaden Ghaddafis. Die Sache zerschlug sich. Wenige Monate darauf erstand der Klub aber als ECD Sauerland wieder auf, der Vorsitzende Heinz Weifenbach machte es mit einem Kniff möglich. Nach der damaligen Satzung stand das Recht auf Wiederanfang etwas tiefer nur einem Mehrsparten-Klub zu. Im Nachhinein fügte Weifenbach dem reinen Eishockeyverein eine Kegelabteilung hinzu, gemanagt von der Gutholz-GmbH. Geschäftsführer: er selbst.
Umgeben von Ex-Konkurslern
Vor zehn Jahren hat man Konkurse noch als etwas Einschneidendes betrachtet. Inzwischen spricht man von Insolvenzen, die Gesetze sind entgegenkommender. Und man spielt einfach weiter. Der EV Landshut etwa stieg letzte Saison im Status der finanziellen Unpässlichkeit sogar in die 2. Liga auf. In der deutschen Eishockeyszene ist man längst umgeben von (Ex-)Insolvenzlern und Konkurslern. Manchen sieht man schon am modernen Namen an, dass es eine belastete Vergangenheit gibt: ERC Sonthofen 1999, EV Landsberg 2000, SC Mittelrhein Neuwied. Und selbst wenn einer so heißt, wie er immer hieß, muss er nicht immer brav gewesen sein. Wie der EV Füssen. In den frühen 80er-Jahren war auch der Serienmeister früherer Tage platt. Er rettete sich durch eine Fusion mit einem Mini-Verein aus der Nachbarschaft, dem SC Ziegelwies. So entstand der neue EV Füssen.
Quelle: merkur-online.de
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