Quelle: T-Online

Experten: Bush setzt Kosten zu niedrig an

Monatelang hat sich das Weiße Haus geweigert, dem amerikanischen Kongress die Kosten für den Irak-Krieg zu nennen. Jetzt hat US-Präsident Bush zum ersten Mal eine Hausnummer genannt: 74,7 Milliarden Dollar beantragt Bush. Davon sollen 62,6 Milliarden nach Angaben aus Regierungskreisen für die nächsten sechs Monate reichen. Dieses Geld könnte die Militäroffensive und den Abzug der meisten US-Truppen abdecken. Nach Meinung von Experten ist das aber viel zu wenig.


Kosten für Wiederaufbau nicht eingerechnet

"Erstens handelt es sich nur um die unmittelbaren militärischen Kosten - Zahlungen für Wiederaufbau oder Besetzung des Irak - sind ebenso wenig enthalten wie Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Zweitens unterstellt man, dass der Krieg kurz ist", kritisiert der renommierte Ökonom William Nordhaus von der Yale-Universität.


Truppenaufmarsch kostete über 30 Milliarden Dollar

Das Teuerste am Krieg ist nach Rechnung der US-Regierung mit 30,3 Milliarden Dollar der Aufmarsch der 250.000 Soldaten am Golf. Ein weiterer großer Kostenfaktor ist die Versorgung der Soldaten während des Krieges. Das Weiße Haus geht davon aus, dass in sechs Monaten der Großteil der Truppen schon wieder zu Hause ist. Schon das ist laut Nordhaus reichlich optimistisch.


Experte: Bis zu zwei Billionen Dollar denkbar

Der Yale-Professor rechnet in seinem Gutachten mit mindestens 99 Milliarden Dollar - im schlimmsten Fall könnte der Krieg aber auch knapp zwei Billionen kosten. Nordhaus erwartet allein für die Friedenssicherung und Besatzung Kosten von 15 Milliarden Dollar jährlich. Um eine moderne Demokratie zu etablieren setzt selbst Washington mindestens zehn Jahre an.


Moderner Marshall-Plan wäre noch teurer

Will man den Lebensstandard im Irak auch nur dem der Nachbarn in Ägypten oder dem Iran angleichen, können die jährlichen Kosten auf 25 Milliarden Euro steigen. Plant die USA gar ein Aufbauprogramm nach dem Muster des Marshall-Plans im Nachkriegs-Europa, muss Washington nach Schätzung von Nordhaus schon einmal eine Billion Dollar für die nächsten zehn Jahre auf die hohe Kante legen.


Der Krieg und das Öl

Die Summe mag erschreckend hoch erscheinen. Doch viel verheerender könnte eine Krise auf dem Ölmarkt wirken. Die Furcht, dass der Krieg länger dauern könnte als gedacht, sorgt auf den Märkten für Nervosität. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) ist wieder bis auf fast 30 Dollar gestiegen.


Konflikt zwischen USA und Ölproduzenten droht

Nach Ansicht des amerikanischen Ökonomen George Perry könnte der Ölpreis schon im Krieg auf 75 Dollar steigen. Das würde allein die USA 150 Milliarden Dollar pro Jahr kosten. Das könnte den Motor der Weltwirtschaft nach Ansicht von Nordhaus in eine Rezession treiben und den Rest der Welt mit sich reißen.


Ein Krieg würde Deutschland hart treffen

Die Bundesrepublik würde schon eine moderate Erhöhung in einer äußerst schwierigen Lage treffen. Die zusätzlichen Öl-Milliarden zahlt der Verbraucher über Benzin- und Heizöl, sie fließen in die Lieferländer ab. Der sinkende Konsum war schon 2002 die Achillesferse der deutschen Konjunktur. Zudem würde ein nachlassender Welthandel den Export beeinträchtigen, der das Miniwachstum noch möglich macht. Ganz gleich, welches Szenario am Ende Realität wird. Dauert der Krieg länger als die Allierten vorausgesagt haben, ist das zarte deutsche Wachstum im Jahr 2003 schon Geschichte.