Der frühere Leiter des UN-Hilfsprogramms für Irak, Denis Halliday, hat sich für Sanktionen gegen die USA und Großbritannien wegen des Golfkrieges ausgesprochen. Außerdem rief er die USA dazu auf, nach Ende des Kriegs Reparationen zahlen.
Berlin - Halliday warf den USA und Großbritannien Kriegsverbrechen vor. Dieser Krieg ohne UN-Resolution sei illegal, und die Tötung von Zivilisten verstoße gegen die Genfer Konvention, sagte er auf einer Pressekonferenz der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW) am Dienstag in Berlin. Nach dieser Konvention seien Aggressoren und ihre Verbündeten für das Wohlergehen und die Versorgung der Bevölkerung in der besetzten Region verantwortlich. "Die USA und Großbritannien müssen gezwungen werden, ihre Verantwortung zu übernehmen", sagte er. Sie müssten Wasser und Lebensmittel in die besetzte Region bringen. Diese Verantwortung könnten sie nicht einfach auf die Vereinten Nationen abschieben.

Unerträgliche militärische Dominanz
Als Sanktionsmaßnahmen gegen die USA und Großbritannien schlug er unter anderem vor, den Waffenhandel zu bestrafen, amerikanische und britische Stützpunkte in Übersee zu schließen, Diplomaten auszuweisen und zudem amerikanische und britische Touristen von einer Einreise abzuhalten. Halliday räumte ein, dass der Weltsicherheitsrat einen solchen Schritt nach Artikel 7 der UN-Charta nicht unternehmen könne, da Washington und London ihr Veto einlegen würden. Aber eine entsprechende unverbindliche Resolution der Uno-Generalversammlung sei vorstellbar. "Das mag nur eine Geste sein, aber wir müssen unsere Missbilligung ausdrücken", erklärte der ehemalige stellvertretende Uno-Generalsekretär.

Die IPPNW-Ärztin Ute Watermann nannte es eine "unerträgliche militärische Dominanz und eine Funktionalisierung von humanitärer Hilfe", dass sich die Hilfsorganisationen bei der US-Behörde in Kuweit-City registrieren lassen sollen. "Wir werden uns nicht registrieren lassen", betonte sie. Ärzte würden sich nicht an das Militär andocken wie die so genannten "embedded journalists". Gleichzeitig äußerte Watermann die Hoffnung, dass nach Ende des Krieges eine direkte Hilfe für die Not leidende irakische Bevölkerung in Zusammenarbeit mit Kirchen und Krankenhäusern vor Ort möglich sei - unter Umgehung der USA.

Bereits Amputationen ohne Narkose in Bagdad
IPPNW-Ehrenvorstandsmitglied Ulrich Gottstein befürchtete eine humanitäre Katastrophe in Irak. Die Situation in den Krankenhäusern Bagdads sei bereits nach zwei Wochen Krieg verheerend, weil die Vorräte an Medikamenten, Infusionen, Narkosemitteln, Verbandsmaterial, Antibiotika und Schmerzmitteln schon zu Ende gingen. Zum Teil werde schon wieder ohne Narkose amputiert, sagte Gottstein. Watermann und Halliday wiesen auf die Gefahr hin, dass vor allem Kinder nach zwölf Jahren Uno-Embargo so geschwächt und unterernährt seien, dass sie an einfachem Durchfall sterben könnten. Als Hauptversorgungsproblem - vor allem in Basra - machte IPPNW zur Zeit nicht den Nahrungsmittel-, sondern den Wassermangel aus.

Quelle: Spiegel.de