Umdeutung einer Flucht zur Wohltat
Eisbären-Trainer Pagé rechtfertigt sein seltsames Verhalten
Klaus Wolf

BERLIN, 9. April. Bei der wichtigsten Frage übernahm der Manager das Wort. "Ich bin total zufrieden mit der Arbeit von Pierre", verkündete Peter John Lee: "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit in den nächsten zwei Jahren." Damit scheinen alle Spekulationen um die Zukunft von Pierre Pagé beim EHC Eisbären Berlin vom Tisch zu sein. Der 54-jährige Kanadier bleibt also Trainer bei den Eisbären. Trotz des enttäuschenden Ausscheidens im Play-off-Halbfinale um die deutsche Eishockey-Meisterschaft und trotz seines Blackouts beim letzten Match am Sonntag in Krefeld.
Herz verloren

Zwei Tage Pause hatte sich Pagé nach dem plötzlichen Untertauchen selbst verordnet, am Mittwoch endete die Schonfrist. Der Coach stellte sich der Presse und zeigte sich überrascht, welchen Wirbel er verursacht hatte. "Ich habe ein Problem, mein Temperament nach Niederlagen zu beherrschen. Ich war so sauer auf die Mannschaft, da war es das Beste, schnell aus der Halle zu verschwinden. Ich wollte keine Dinge sagen, die ich hinterher bereuen würde." Dass er durch sein Verschwinden auch die gegnerischen Spieler und die Medien brüskierte, war ihm nicht bewusst. "Doch wenn es ein Fehler war, dann war es ein guter Fehler", argumentierte Pagé nun, "ich habe dem Verein einen Gefallen erwiesen. Es hätte dem Klub geschadet, was ich sonst auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gesagt hätte."

Auch drei Tage nach der 1:4-Schlappe hat sich Pagés Ärger über das desolate Auftreten seiner Mannschaft allerdings noch nicht gelegt. Etliche Spieler hätten eine zu lasche Einstellung gezeigt, monierte der Trainer. "Schon im Februar haben wir unser Herz und unsere Intensität verloren. Als ich ihnen das gesagt habe, da meinten sie nur: Keine Sorge, wenn die Play-offs beginnen, dann machen wir das schon. Doch in Krefeld war das notwendige Feuer nicht zu sehen."

Pagé blieb die Antwort schuldig, ob die lasche Einstellung vor allem einiger Führungsspieler zu Konsequenzen, sprich Vertragsauflösungen, führen wird. Zum einen sagte der Kanadier, er habe die Saison über daran gearbeitet, Leute wie Beaufait, Fairchild oder Persson zu halten. "Ich mag dieses Team, ich mag diese Spieler, sie verfügen über Charakter. Doch Liebe allein genügt nicht, sie brauchen eine harte Hand." Zum anderen betonte Pagé mehrfach, er wolle künftig nur mit Leuten arbeiten, die sich seinen Vorstellungen und seinem System unterordnen sowie den Willen besitzen, sich kontinuierlich zu verbessern. Im gegenteiligen Fall drohte er: "Wer einen Vertrag hat, darf sich nicht auf die faule Haut legen." Mit der in dieser Saison vollzogenen vorzeitigen Trennung von Verteidiger David Cooper sei "ein Zeichen gesetzt worden, dass notfalls keine Rücksichten auf bestehende Verträge genommen werden". Ein gestörtes Verhältnis zu den Spielern, weil er diese nach dem Krefeld-Match im Stich ließ, sieht Pagé nicht.

Fünfzehn Akteure (Persson, Gruden, Beaufait, Fairchild, Corriveau, Roberts, Walker, Shearer als Ausländer; Jonas, Bergen, Leask, Felski, Blank, Keller, Tomlinson mit deutschem Pass) besitzen Kontrakte für die kommende Saison. Allerdings will Nationalspieler Boris Blank fort (nach Kassel). In den kommenden Tagen werden Gespräche mit den vertragslosen Profis Dezainde, Shulmistra, Aldridge, Emmons und Barta geführt; als einziger Abgang steht bislang Nationalverteidiger Nico Pyka (Adler Mannheim) fest.

Nach allerlei philosophischen Betrachtungen und überflüssiger Schiedsrichterschelte legte sich Pagé dann fest: "Wir wollen nächste Saison zurückschlagen und Meister werden." Ob s diesmal gelingt?