München - Disneyland ist out. Der Arrowhead Pond of Anaheim ist in. Auch Donald Duck hat schon bessere Zeiten erlebt. Der neue Held in Entenhausen heißt Jean-Sebastien Giguere.

Der Goalie der Anaheim Mighty Ducks ist die Entdeckung der NHL-Playoffs. Giguere führte sein Team beinahe im Alleingang ins Stanley-Cup-Finale. "Jigger" spielte vier Mal zu Null und stellte die zweitlängste Shutout-Strecke der Playoff-Geschichte auf.

Der Weg ins Rampenlicht

Erstmals machte der 26-Jährige in seinem ersten Playoff-Spiel von sich Reden. Giguere parierte 63 Schüsse gegen Detroit und den wohl gefährlichsten Angriff der Liga.

Vier Partien später - der Titelverteidiger wurde glatt in vier Spielen ausgeschaltet - ging er in Spiel 1 gegen Dallas im viertlängsten Spiel der NHL-Historie ebenfalls als Sieger vom Eis. Und im Finale der Western Conference gegen Minnesota erlaubte "Jigger" erst im vierten Spiel ein Gegentor.

"Drei Jahre hart gearbeitet"

Kaum denkbar, dass die Conn Smythe Trophy, die Auszeichnung für den besten Spieler in den Playoffs, an Anaheims Keeper vorbeigehen könnte. Für den Mann der Stunde sind solche materiellen Werte jedoch zweitrangig. Und auch auf das Rampenlicht hat er sich gut vorbereitet.

"Wenn du darauf vorbereitet bist, wirst du nicht nervös. Wir haben drei Jahre hart gearbeitet, um jetzt hier zu stehen", erklärt Giguere trocken. 2000 machte er sein erstes Spiel im Trikot der "Mächtigen Enten". Doch der Weg ins sonnige Kalifornien war ein langer.

Der "Kleine Arsch"

Als jüngster von drei Söhnen war Jean-Sebastien zwar nicht zum Torhüter spielen verdammt gewesen. Doch sein großes Interesse an der Ausrüstung wurde ihm in Familienkreisen in Montreal "zum Verhängnis".

Hinzu kam ein Spitzname, den er im Profi-Eishockey glücklicherweise ablegen konnte. Daheim nannten ihn alle nur "Ti-cul". Das bedeutet so viel wie "Kleiner Arsch".

Doch der kleine Allerwerteste hatte früh große Ziele. "Bereits mit zehn Jahren versicherte er mir, dass er in der NHL spielen wolle", meint sein Bruder Stephane. Und mit zwölf Jahren traf Giguere den Mann, der seinen Stil, zu spielen, nachhaltig prägen sollte.

Roy, Theodore...Giguere

Im Sommer 1990 kam er auf die Torhüter-Schule von Francois Allaire. Der 47-Jährige gilt als der Guru unter den Goalies Coaches und machte unter anderem Patrick Roy zu einer Ikone und Jose Theodore zum Liga-MVP.

Allaires knallhartes Training und die stundenlangen Predigten halfen Giguere schließlich in der ersten Runde des 1995er Drafts von Hartford verpflichtet zu werden. Doch ohne seinen Mentor verlor "Jigger" seine Klasse und wurde hin und her geschoben.

Erst ein Anruf aus Kalifornien brachte die Wende. Für einen Zweitrunden-Draft-Pick kam Giguere, der bis dato erst 30 NHL-Partien absolviert hatte, nach Anaheim. Dort traf er auch Allaire wieder. Den hatten die Ducks 1996 verpflichtet. Von da an ging es bergauf.

Gut aber nicht spektakulär

Allaires Worte (Gutaussehende Saves kommen von schlechtem Stellungsspiel; Mache den ersten Save und denke nicht an den Rebound oder den Pass) flössten Giguere Mut ein. Und bereits nach einem Jahr war er die Nummer eins zwischen den Pfosten der Mighty Ducks.

All das klingt nach dem Stoff, aus dem Heldengeschichten gestrickt werden. Da Giguere, der sich gern hinter seiner Maske und seinem Playoff-typischen Vollbart versteckt, jedoch nicht den dramatischen Stil eines Dominik Hasek spielt oder dem exzentrischen Roy gleicht, ging der Begriff "Star" meist an ihm vorbei.

Das weiß auch sein Coach Mike Babcock: "Man wird ihn nur selten quer übers Eis hechten sehen. Er ist kein Goalie fürs TV-Publikum." Warum? Weil nur schlecht positionierte Torhüter spektakuläre Saves machen.

Superstar-Goalie oder Loser

Im Stanley-Cup-Finale hat er in Martin Brodeur einen ebenwürdigen Gegner. Der Devils-Keeper gewann in Salt Lake City Gold mit dem Team Canada und ist zudem für die MVP-Auszeichnung nominiert.

Beide Goalies spielen einen ähnlichen Stil. Da wird sich zeigen, wie gut "Jigger" wirklich ist. Und auf dem eventuellen Weg zum größten Triumph im Leben eines Kufencracks wird sich Giguere wieder einmal einer Weißheit seines Mentors erinnern: "Der Superstar-Goalie stoppt nur einen Schuss mehr pro Spiel, als der Typ, den es erwischt."


Quelle: www.sport1.de