Witali Klitschko hört mit dem Boxen auf


(sid) Schwergewichtler Witali Klitschko hängt seine Box-Handschuhe überraschend an den Nagel. Der 34 Jahre alte WBC-Weltmeister zog damit die Konsequenz aus seiner erneuten Verletzung, die ihn am Sonntag zur Absage der für 12. November in Las Vegas geplanten Titelverteidigung gegen Hasim Rahman (USA) gezwungen hatte.

Erst die Operation am Dienstag in Inglewood/Kalifornien durch Dr. Neal Elattrache offenbarte das tatsächliche Ausmaß der Verletzung: Klitschko hatte im Sparring nicht nur einen Innenmeniskusschaden, sondern auch einen Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie erlitten.


"Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen"

Dies bedeutet mindestens sechs Monate Pause und für den promovierten Sportwissenschaftler das Ende:" In letzter Zeit habe ich mich leider mehr mit meinen Verletzungen als mit meinen Kontrahenten im Ring auseinandersetzen müssen. Die Entscheidung, mit dem Leistungsport aufzuhören, ist mir sehr schwer gefallen. Aber ich möchte meine Karriere auf dem Gipfel beenden und mit meinem Rücktritt nun den Weg frei machen für meine Nachfolger." Klitschko will sich künftig "in meiner Heimat der Ukraine verstärkt sozialen und gesellschafts-politischen Herausforderungen stellen".

Interimschamp Hasim Rahman wird nun den Titel erhalten und muss ihn voraussichtlich innerhalb des nächsten halben Jahres gegen den Sieger des Duells zwischen Sinan Samil Sam (Türkei) und Oleg Maskajew (Kasachstan) verteidigen, die am Samstag in Hamburg um das Herausfordererrecht kämpfen.

Diagnose war ein Schock

Nachdem Witali Klitschko aus der Narkose der gelungenen eineinhalbstündigen OP aufgewacht war, hat Dr. Elattrache ihm die genaue Diagnose mitgeteilt. Für Klitschko war das ein Schock. "Er hat sich mit seinem Bruder Wladimir, seiner Familie und auch mit Trainer Fritz Sdunek beraten", erzählt Klitschkos Manager Bernd Bönte, "die Entscheidung hat er aber ganz allein getroffen. Es macht für ihn keinen Sinn, an dem Titel festzukleben." Ohnehin hatte ihm die WBC nur drei Monate Frist gegeben, den WM-Gürtel hätte er also auf jeden Fall verloren.

Der Rücktritt jetzt ist der negative Höhepunkt einer von zahlreichen Verletzungen überschatteten Laufbahn. Sein 2,02 Meter großer und rund 115 Kilogramm schwerer Körper hat den Belastungen des Profiboxens nicht standgehalten. Immer wieder musste Klitschko Kämpfe verschieben. Im April 2000 erlitt er gegen Chris Byrd einen Muskelriss in der linken Schulter.

"Ich habe die Schnauze voll"

Im Juli 2001 riss das Kreuzband im linken Knie, im Juli 2002 gab es einen Bandscheibenvorfall mit OP, schließlich in diesem März zunächst einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel, und im April 2005 unterzog er sich einer Rücken-Operation. "Ich habe die Schnauze voll", sagte Klitschko bereits nach der Kampfabsage am Wochenende. Mit dem Karriereende ist auch sein Traum geplatzt, gemeinsam mit seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Wladimir Weltmeister zu werden.

Seit April 2004 trug Klitschko den Titel der WBC und war als stärkster Weltmeister anerkannt. Insbesondere die Niederlage vom Juni 2003 nach der blutigen Ringschlacht gegen Lennox Lewis trug zu seinem Ruf in den USA bei, wo er zuvor lange als Dr. Weichei verspottet wurde. Klitschko hat seit Beginn seiner Profikarriere beim Hamburger Promotor Klaus-Peter Kohl im November 1996 37 Profikämpfe bestritten, von denen er 35 gewann, 34 vorzeitig. Nach einem juristischen Scharmützel hatte er sich mit seinem Bruder im Frühjahr 2004 von Kohl getrennt und seine Kämpfe selbst durch die eigene Agentur K2 vermarktet.

Klitschkos sind Werbestars

Finanzielle Sorgen muss sich Klitschko nicht machen. Er hat Millionenbörsen eingenommen und wurde mit seinem Bruder auch zu einem Werbestar in Deutschland. Mit Ehefrau Natascha und den Kindern Igor-Daniel, Elisabeth und Max wird er nun wieder von Los Angeles nach Europa ziehen. In Hamburg hat er immer noch ein Haus, doch seine Heimatstadt Kiew wird der neue Lebensmittelpunkt.

Klitschko hat in der Ukraine bereits zahlreiche Projekte und Geschäfte. Er hatte auch aktiv an der friedlichen Revolution von Ende 2004 teilgenommen und Präsident Viktor Juschtschenko unterstützt