Rom (dpa) - Er kam, sah, siegte und ging - mit dem gewonnenen Weltmeistertitel ist Italiens Nationaltrainer Marcello Lippi auf dem Höhepunkt seiner Karriere abgetreten. «Meine Aufgabe ist erfüllt», erklärte der 58-Jährige in Rom.



Wie Bundestrainer Jürgen Klinsmann ließ sich auch der Vater der italienischen Fußball-Renaissance nicht mehr zu einer Vertragsverlängerung überreden. Vom Fußball-Skandal und dem zuweilen hysterischen Medienrummel in Italien angewidert, sagte Lippi «Addio». Mit Italiens vierten Weltmeistertitel hat er sich für ewig seinen Platz im italienischen Fußball-Olymp gesichert. Traurig aber dankbar sagt Italien: «Grazie Lippi!»

Einen totalen Abschied vom Fußball schloss er jedoch aus: «Ich werde weiter als Trainer arbeiten», sagte Lippi nach einem Krankenhausbesuch bei Gianluca Pessotto. Lippis ehemaliger Spieler bei Juventus Turin hatte während der WM einen Selbstmordversuch unternommen. Den WM-Titel hatten die «Azzurri» ihrem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen gewidmet. Für Lippi wird der WM-Erfolg «für immer in der Geschichte des italienischen Fußball und in den Herzen aller Tifosi bleiben». Der gewiefte Taktiker dankte seinen «außergewöhnlichen Fußballern und dem erstklassigen Betreuerteam». Der WM-Triumph mit dem 5:3-Sieg im Elfmeterschießen gegen Frankreich sei für ihn das «größte Erlebnis» seiner Karriere gewesen. «Ich danke dem Fußballverband, der mir immer Vertrauen geschenkt hat», sagte der weißhaarige Coach.

Italiens Weltmeistertrainer von 1982, Enzo Bearzot, hatte bis zuletzt versucht, Lippi umzustimmen: «Ich hoffe, er überlegt es sich noch.» Mittelfeldspieler Gennaro Gattuso hatte Lippi bei der Siegerehrung im Berliner Olympiastadion sogar gedroht: «Wenn Du jetzt gehst, bringe ich Dich um.» Spieler, Verband, Fans und Medien flehten im Chor: «Lippi, bitte bleib!» Lippi aber erklärte: «Mein Entschluss ist unwiderruflich.»

Genauso konsequent wie er Italien allen Widrigkeiten zum Trotz in den schwierigsten Stunden des größten Fußball-Skandals aller Zeiten zum WM-Sieg führte, so unbeirrt vollzog Lippi nun seinen längst geplanten Rückzug. Drei Monate will er nun Ausspannen und endlich mit seinem Segelboot in See stechen. Gerüchte über einen Wechsel zu Manchester United dementierte Lippi.

In Deutschland wurde der Dirigent des italienischen Star-Ensembles zum eigentlichen Superstar der «Squadra Azzurra». Mit jedem Sieg verstummten die Kritiker immer mehr, die Lippi wegen der Verwicklung seines Sohnes Davide in den Fußball-Skandal kurz vor der WM an den Rand eines Rücktritts getrieben hatten. Fünf Mal war Lippi zuvor mit Juve Meister und einmal Champions-League-Sieger geworden, «aber eine Weltmeisterschaft ist etwas viel Größeres», gab der Mann mit dem goldenen Händchen zu. «Ich empfinde Glücksgefühle wie noch nie», gestand der im Vergleich zu seinem Vorgänger Giovanni Trapattoni eher kühl und emotionslos wirkende Lippi.

Nach der EM-Pleite in Portugal hatte der «Paul Newman» der Trainerzunft die «Azzurri» übernommen und ihnen neben ihren traditionellen Defensiv-Qualitäten das Stürmen beigebracht. Als Lippi Deutschland mit vier Stürmern in der Verlängerung mit 2:0 im Halbfinale besiegte, wurde er als «Revolutionär» des italienischen Fußballs gefeiert. Nach 25 Spielen ohne Niederlage trat Lippi» nun ab. Italien sagt: «Arrivederci Lippi»!

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