25. April 2007 14 Monate nach den Winterspielen von Turin 2006 hat das Internationale Olympische Komitee sechs österreichische Teilnehmer wegen Dopings auf Lebenszeit von Olympia ausgeschlossen und so mit demonstrativer Härte auf einen der größten Skandale seiner Geschichte reagiert. Das Urteil ist ein Schock für die Kandidatur Salzburgs um die Winterspiele 2014, die Anfang Juli vergeben werden.

Die Entscheidung der IOC-Exekutive gaben Präsident Jacques Rogge und sein Stellvertreter Thomas Bach am Mittwoch in Peking bekannt. Das Gremium folgte damit dem Antrag der vom Tauberbischofsheimer Bach geleiteten Disziplinarkommission, der noch die Exekutivmitglieder Denis Oswald (Schweiz) und Sergej Bubka (Ukraine) angehören. Das Nationale Olympische Komitee (NOK) von Österreich und die betroffenen Athleten wurden um 12.30 Uhr per Fax informiert.

„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber sie ist einstimmig gefallen“, sagte Bach. Das ungewöhnlich hohe Ausmaß der Strafe zeige, „wie ernst wir den Fall bewerten“. Dieser Auffassung sei die 15köpfige Exekutive gefolgt. Bach: „Sie hat damit das Ergebnis unserer umfangreichen Arbeit bestätigt“ (Siehe auch: Doping: Österreichische Biathleten treten zurück).

Die in der IOC-Historie beispiellose Sanktion betrifft je drei Biathleten und Langläufer. Sie gelten des Besitzes und der gemeinschaftlichen Nutzung von Dopingmitteln als überführt und dürfen - ein Novum - in keiner Funktion bei künftigen Spielen mehr auftreten. Es handelt sich um die Biathleten Wolfgang Perner, Friedrich Pinter und Wolfgang Rottmann sowie die nordischen Langläufer Roland Diethard, Johannes Eder und Martin Tauber. Das Verfahren gegen den ebenfalls unter Verdacht stehenden Langläufer Christian Hoffmann, Olympiasieger 2002, wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt.

Vier Stunden vor Rogges Urteilsverkündung im Hotel Shangri-La hatte sich Salzburg noch auf dem internationalen Sportkongress im Saal nebenan als Bewerber 2014 vorgestellt. Die Präsentation war die emotional überzeugendste, unmittelbar danach verließ Österreichs NOK-Chef Leo Wallner Peking Richtung Heimat. Von den Vorgängen im angrenzenden Saal hatte Wallner zum Zeitpunkt seiner Abreise noch nichts gewusst (Siehe auch: Geflüchteter Biathlet: „Für mich ist es vorbei“).

Für Anfang Mai sind mehrere Vertreter der österreichischen Mannschaftsführung nach Lausanne geladen. Sollten sie in den Skandal verstrickt sein, wäre das Debakel perfekt. Österreichs NOK war bereits nach dem Fall Walter Mayer 2002 in Salt Lake City verwarnt worden, weil es seiner Aufsichtspflicht nicht genügt hatte.

Der ehemalige Cheftrainer steht abermals im Zentrum der Affäre. Er war für acht Jahre von Olympia ausgeschlossen worden, hatte sich dennoch - angeblich als Privatperson - in einem Ausweichquartier Austrias bei Turin einquartiert. Bei einer Razzia der italienischen Polizei war während der Spiele umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Der Bericht ging dem IOC jedoch erst Anfang des Jahres zu.

Die Beweise für „organisierten gemeinschaftlichen Betrug“ erwiesen sich als erdrückend. „Ein ganzes Labor war aufgebaut, von Spritzen bis Blut-Testgeräten war alles vorhanden“, hieß es aus der Exekutive. Man habe dieses „erschreckende Ausmaß an krimineller Energie zumal in einer eher mittelmäßigen Mannschaft“ bislang nicht für möglich gehalten.

Keiner der beschuldigten Sportler war zur Anhörung vor dem Bach-Ausschuss in Lausanne erschienen, von allen lagen nur schriftliche Erklärungen ihrer Anwälte vor. Aus Sicht der Kommission konnte der massive Dopingverdacht somit nicht entkräftet werden. Dies aber ist laut IOC-Charta und Welt-Antidoping-Code alleinige Pflicht der Athleten.

Nach vorläufiger Festnahme und Freilassung waren Mayer, Perner und Rottmann aus Turin geflüchtet. Die bei zehn Aktiven nachträglich vorgenommenen Dopingtests hatten sämtlich negative Ergebnisse gebracht.
Quelle: http://www.faz.net/s/homepage.html