Die Kronprinzenrolle
König Fußball regiert Deutschland - so viel steht wohl unumstößlich fest. Doch welcher Mannschaftssportart gebührt die Rolle des Kronprinzen? Wir haben uns einmal in der Handball-Bundesliga, der DEL und der BBL umgesehen.
Handball:
Stärken: Gerade nach der letzten Saison - alle drei Europapokalsieger kamen aus der Bundesliga - gilt die deutsche Eliteklasse als die beste der Welt. Zur Weltmeisterschaft zu Beginn des Jahres musste ein Großteil der internationalen Stars - alleine 31 der 44 Finalteilnehmer der WM verdienen ihr Geld in Deutschland - keine großen Wege zurücklegen und mussten sich folglich nur aus dem Haus begeben, um am Weltturnier teilnehmen zu können. Ausverkaufte oder gut belegte Hallen bei den Top Teams sprechen dazu eine deutliche Sprache über die Beliebtheit bei den Fans.
Schwächen: Balingen-Weilstetten, Kronau-Östringen, Gummersbach, Melsungen - die Herkunft der meisten Clubs atmet weniger die Luft der großen weiten Welt als den Mief der Provinz. Erst mit Teams aus Hamburg und seit dieser Saison Essen und Berlin fand Handball zumindest ansatzweise in den Ballungsräumen statt. So haben so manches Mal auch Champions-League-Partien den Anstrich einer Schulsportveranstaltung.
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Fazit: Deutschland teilt sich in Handballhochburgen und -entwicklungsgebiete, die leider in der Mehrheit sind, auf. Allerdings zeigen die Heimspiele des HSV und auch Auftritte in der KölnArena und der Veltins-Arena dass die Sportart auch in größeren Arenen ankommt. Die Kronzprinzenrolle könnte dem Sport immer mehr zukommen, sollte sich ein Trend in die großen Städte einstellen.
Eishockey:
Stärken: Traditionell gewachsene Clubs mit ansprechenden Zuschauerzahlen und großer Fankultur - das ist die Deutsche Eishockey Liga. Anders als beim Handball sind, bis auf einige Ausnahmen, viele Großstädte Deutschlands vertreten, in denen das Interesse für das eigene Team groß ist. Auch im internationalen Vergleich lassen sich die Zuschauerzahlen der DEL sehen: Mannheim, Hamburg und Köln sind zusammen mit Bern und Göteborg die best besuchten Eishockey-Clubs Europas.
Schwächen: Im Free TV findet die DEL zumindest live nicht statt - die breite Masse muss sich mit Berichten in den Tageszeitungen - die je nach Region variieren - begnügen. Die Masse der Spiele schreckt den am Rande interessierten Zuschauer ab und nimmt der einzelnen Partie etwas die Spannung. Im Niveauvergleich mit den anderen europäischen Ligen muss sich die DEL besonders hinter der Schweiz, Schweden und Finnland einordnen.
Fazit: Die DEL hat dank ihrer langen Tradition ihren festen Platz in der deutschen Sportlandschaft. Die Kufen-Cracks müssen sich den zweiten Platz im deutschen Sport allerdings mit den Handballern teilen.
Basketball:
Stärken: Basketball ist besonders bei den Jüngeren sehr beliebt - durch die jährlich stattfindenden Großveranstaltungen wie EM oder WM ist der Sport auch in den Medien präsent. Das Playoff-System der Liga bietet dem Zuschauer Spannung und garantiert auch für die eine oder andere Überraschung, wie im letzten Jahr die Artland Dragons eindrucksvoll bewiesen.
Schwächen: Die Beliebtheit der Sportart bei der Jugend in allen Ehren, doch es ist die NBA, die wirklich interessiert. Dies schlägt sich auch in den Zuschauerzahlen nieder, große Hallen in Ballungsräumen wie bei ALBA Berlin sind meist schlechter ausgelastet als beim Handball. Einer der Gründe dafür ist das auch im europäischen Vergleich erschreckend schwache Niveau - wie die Ergebnisse der deutschen Mannschaften in den Europapokalwettbewerben zeigen. Im frei empfangbaren Fernsehen findet die Liga kaum statt - so wird potentiellen Interessenten der Weg zum deutschen Basketball verbaut.
Fazit: Das potentielle Interesse ist da - doch schreckt gerade das Niveau der Liga ab und lässt den geneigten Fan eher über den großen Teich schauen. Um das Niveau der BBL zu steigern, bedürfte es sicher einiger großzügiger Mäzene, die Topstars in die Liga holen würden, doch solche Gönner bleiben ohne Interesse der breiten Masse aus - ein Teufelskreis. Im Vergleich mit der HBL und der DEL bleibt die Basketball-Bundesliga der klare Verlierer.
Sven Kittelmann