Alan Letang: „2008 will ich wieder für die Freezers auf dem Eis stehen!“Eishockey-Profis kennen das. Wie fast in jedem Jahr liegen Silvester und Neujahr exakt zwischen zwei Spieltagen. Einer der rund 400 DEL-Spieler allerdings betrachtet dieses hektische Treiben aus der Entfernung. Während seine Kollegen den Jahreswechsel mit gepackten Sporttaschen sozusagen zwischen Schlusssirene und Eröffnungsbully erleben, sitzt Alan Letang im 6.000 Kilometer entfernten Ontario und wird mit Ehefrau Krystie, Sohn Ayden (5) und Töchterchen Aiva (3) auf das neue Jahr anstoßen. Und vielleicht wird Krystie und Alan Letang dabei sogar das eine oder andere Tränchen über die Wangen kullern. Aber im Gegensatz zu den vergangenen Monaten werden es diesmal Tränen der Freude sein. Freude darüber, dass der Verteidiger der Hamburg Freezers das schlimmste Jahr seines Lebens endlich hinter sich hat.
Die Leidensgeschichte des Alan Letang beginnt kurz vor der Playoff-Serie der Freezers gegen die DEG Metro Stars : Am 12. März 2007 lässt Freezers-Mannschaftsarzt Bernd Kabelka den 32jährigen Kanadier ins Hamburger Bundeswehr-Krankenhaus einliefern, als dieser nach dem Training über stundenlange, nicht enden wollende Bauchschmerzen geklagt hatte. Die Diagnose: Darmverschluss. Not-Operation. Bei dem Eingriff stellt sich heraus, dass die Sache schon viel weiter fortgeschritten ist, als die Ärzte zunächst vermutet hatten. Drei weitere Operationen folgen. Die nächsten notwendigen Eingriffe verhindert das längst überstrapazierte Gewebe. Letang wird ein künstlicher Darmausgang gelegt und als zu allem Überfluss auch noch eine Lungenentzündung hinzu kommt, versetzen die Ärzte ihn in ein künstliches Koma. Erst Ende Mai ist das Schlimmste überstanden. Letangs Zustand hat sich soweit stabilisiert, dass er die Heimreise nach Kanada antreten kann.
Aber noch ist an körperliche Betätigung und sportliche Aktivitäten nicht zu denken. Von der Fortsetzung der Karriere ganz zu schweigen. Die nächsten Operationen folgen, Ende September die sechste, wieder in Hamburg. Und wieder gibt es Komplikationen, wieder kommt der erschöpfte Körpers des Mannes, der einst die besten Fitness-Werte aller Freezersspieler hatte, an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit. „Erst da habe ich so richtig realisiert, dass es wirklich um Leben und Tod ging“, erinnert sich der Kanadier später.
Mit Besuchen, Anrufen und E-Mails machen Mitspieler, Verantwortliche und Fans der Freezers ihm immer wieder Mut. HEC-Geschäftsführer Boris Capla, der von Anfang an eine der wertvollen Ausländerlizenzen für Letang reserviert hatte, hält weiter an Letang fest. Weil die Familie ohne ausreichende Versicherung mittlerweile von den Ersparnissen leben muss, überweist Capla sogar Geld. „Dazu wäre der Klub nicht verpflichtet gewesen“, zeigt sich Letang dankbar. Coach Bill Stewart verspricht den in Hamburg mitbangenden Mannschaftskameraden, dass die letzte Lizenz für Letang offen bleibt. „Auch dafür bin ich sehr dankbar.“
Zug um Zug fasst Alan Letang neuen Mut. Als der künstliche Darmausgang entfernt ist und er sich wieder normal ernähren kann, beginnt der Mann, den seine Mitspieler „the machine“ nennen, weil er so fitness-besessen ist und in jedem Spiel kämpft wie kein zweiter, daheim in Kanada mit dem Aufbautraining. Erst sehr vorsichtig und von Ängsten begleitet, dann zunehmend mutiger und zuversichtlicher. Tägliche Kraftübungen für die malträtierte Bauchmuskulatur und die längst zurückgegangene Beinkraft. „Dazu trainiere ich vier- bis fünfmal in der Woche mit verschiedenen Juniorteams auf dem Eis“, erzählt Letang.
Zug um Zug kehrt die Kraft zurück, wird der Wille zum Comeback stärker. „Als ich Ende November zum ersten Mal wieder schmerzfrei trainieren konnte, war das eine große Erleichterung für mich“, berichtet Letang. Durch ständige Telefonate mit den Trainern aber vor allen Dingen mit seinem Freund und Verteidiger-Kollegen Paul Manning hält er Kontakt zum Team in Hamburg. Der Kanadier mit dem großen Kämpferherz hat die Zeit genutzt, den Trainerschein gemacht und verdient sich nebenbei als Coach der Mannschaft seines Sohnes ein kleines Zubrot. „Selbst wenn es mit dem Comeback in dieser Saison nicht mehr klappen sollte, kommen wir finanziell noch ein paar Monate über die Runden.“
Aber daran, dass es nicht klappt, verschwendet der 32-Jährige keinen Gedanken mehr. Mittlerweile nehmen die Pläne für die Rückkehr nach Deutschland und den Wieder-Einstieg ins Freezerstraining immer konkretere Formen an. „Ich bin jetzt bei etwa 80 Prozent. Was mir noch fehlt, ist das Training mit echtem Körperkontakt. Den Rest hole ich mir in zwei Wochen“, ist Letang optimistisch wie schon seit Monaten nicht mehr.“ Im Januar will er wieder in Hamburg sein: „Ich weiß, dass ich es schaffen kann, dem Team noch in dieser Saison zu helfen.“
Wenn Alan Letang den Jahreswechsel mit seiner Familie im fernen Kanada begeht, begleitet ihn nur ein einziger Wunsch: „2008 will ich wieder für die Freezers auf dem Eis stehen!“
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