Parteien wichtig wofür? Was ist der Gehalt dieses "Meinungsspektrums"? Es ist die Sorge um den Staat, seiner Gewalt, seiner Ökonomie. Insofern sind Politiker auch nichts anderes als seine Charaktermasken. Weder die Staatsgewalt noch ihre kapitalistische Staatsräson (noch die sie daraus ergebenden politischen Ansprüche gegenüber dem eigenen Staatsvolk wie gegen andere Staaten) stehen zur Disposition. Konkurrieren tun sie miteinander darum, wer denn die Staatsgeschäfte am besten voranbringt - wobei man dem Gegner "Versagen" geradezu zwingenderweise vorwerfen muß. Im Ergebnis befruchten sich die politischen Parteien gegenseitig darin, den Staat zum Erfolg zu verhelfen, seine Gewalt also zu mehren.Von Krolock hat geschrieben:Jeder deiner Punkte (abgesehen von Punkt 3) hat Gedanken, denen ich zustimme, grundsätzlich aber anderer Meinung bin.
Nehmen wir mal Punkt 2. Parteien bilden ein relativ breit gestreutes Spektrum von Ansichten, mit denen sich der Wähler mehr oder minder identifiziert. Es kann keine Partei etwas dafür, dass sie auch denen eine Plattform bietet, die zwar einen Teil ihres Programmes teilen, einen anderen jedoch nicht bzw. in gegenteiligen Extremen denken. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich niemals einer Partei beitreten würde, aber auch einer der Gründe, warum ich Parteien wichtig finde. Sie sind (zumeist) demokratische Basis des Wählers und können auf zweifellos extreme Strömungen auch demokratisch reagieren bzw. einlenken. Die CSU macht derzeit zwar alles, um meine Meinung zu widerlegen, aber selbst da hoffe ich auf ein Erwachen zur rechten Zeit.
Das rassistische Machwerk eines SPDlers ist m.E. vernachlässigenswert, wie ich auch den Grünen nicht per se unterstelle, der Pädophilie zu frönen und der Linken nicht grundsätzlich Antisemitismus vorwerfe. Hier sollte ein innerparteilicher Selbstreinigungsprozess greifen.
Und war nicht die AfD einst eine APO? Ist der Widerstand gegen herrschende Parteien und Denkweisen nicht der Anfang alles außerparlamentarischen, das entweder im Sande verläuft oder irgendwann parlamentarisch wird? Der Widerstand des Volkes braucht irgendwann die Möglichkeit, gebündelt zu werden, um etwas zu erreichen.
Keine der bestehenden Parteien steht für meine politische Haltung, aber meine politische Haltung lässt es zu, mindestens einer Partei meine Stimme zu geben, weil sie für etwas steht, was mir wichtig ist. Und für die Anarchie bin ich zu alt (du auch) und zu wenig überzeugt
Nationalisten sind selbstredend immer etwas Besseres als Angehörige anderer Nationen. Da ist kein Unterschied zwischen Machern und Fußvolk, sie treten ja immer im Namen der Nation auf (je erfolgreicher eine Nation in der Hierarchie der Staaten, desto unverschämter). Wenn die Unteren allerdings zu der Ansicht kommen, daß die Oberen die Nation nicht richtig voranbringen, dann entsteht eben die Kritik, wie sie Pegida, Afd und CSU gerade zu bündeln versuchen, die freilich aber stets, auch in den demokratischen Parteien virulent ist. Demokratie, demokratischer Nationalismus ist immerzu beste Grundlage für faschistische Unzufriedenheit. Es ist schon so, daß der ganz normale demokratische Nationalismus nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist.
Ehrlich gesagt, ich habe nicht bloß von der CSU, auch von allen anderen Bundestagsparteien noch keinerlei Kritik an den neuen Rechten gehört. Diffamierung ja, Ausgrenzung ja, plakatives (Un)verständnis ja, aber Kritik? Alle wollen sie den Rechten klarmachen, daß jene sich gefälligst anständig benehmen sollen (also ihren Rassismus so dezent zeigen wie Demokraten das eben zu tun pflegen) und so dann bei ihnen besser aufgehoben sind... Ehrlich gesagt, wundert mich das überhaupt nicht!
Deine Wahlstimme wichtig zu nehmen - das ist nicht bloß mathematisch ein Witz. Es ist gerade deshalb ein Witz, weil man damit die herrschenden Verhältnisse legitimiert (ganz gleich, ob diejenigen, die man wählt, dann die Regierung abgeben oder nicht). Andrerseits ist es auch kein wundersames Mittel des Widerstandes, wenn man das Wählen unterläßt. Es kommt schon darauf an, was man statt dessen macht. Du hast ja recht, auch außerparlamentarisch kann man allen möglichen Scheiß machen oder auch einfach nur warten, bis eine Partei kommt, die man dann wieder wählen kann.
Mein Vorschlag wäre schon der, auf Basis einer Verständigung über die politischen und ökonomischen Gegenstände zu ihrem Begriff zu kommen, sie also zu begreifen. Auf solcher Kritik läßt sich jenseits des demokratischen Procedere aufbauen.
Im übrigen bist Du wohl auch zu alt, auf Wahlen wie ein Kaninchen auf die Schlange zu starren: Hoffentlich werden jetzt nicht (wieder) die Falschen gewählt...
Und ob das Anliegen, welches Dir wichtig erscheint, dann, nach den Wahlen, überhaupt berücksichtigt wird - das hängt allein von der Art des Anliegens ab: Ist es mit den übergeordneten Belangen des Staates vereinbar oder nicht. Der vielbeschworene "mündige Bürger" weiß sein Anliegen jedenfalls von vorneherein so zurechtzustutzen, daß die nationalen Anliegen dadurch nicht beeinträchtigt werden. Ansonsten müßte er sich ja auch was anderes ausdenken, als wählen zu gehen (und riskieren als nicht mündig zu gelten). Wahlen sichern den Staatsprotagonisten allenthalben die Freiheit gegenüber den Wählern und gegen die Wähler.
Ja, jung und dumm, wie ich mal war, habe ich auch mal gewählt: Die Grünen, als sie noch nicht in den Bundestag gekommen sind; ich hatte tatsächlich gedacht, die wären gegen Krieg und für Abrüstung etc. Das ließ sich mit nationaler Verantwortung allerdings nicht vereinbaren. So wurde ich glücklicherweise ENT-täuscht, was Wahlen anbelangt.