Ich halte die Absage angesichts der Umstände nicht nur für demokratisch falsch, sondern (viel schlimmer) für politisch katastrophal.
Erstmal entsteht der Eindruck, dass es um einen Willkürakt geht, der nach dem Motto "gute Demo - schlechte Demo" bewertet wird. Demonstrationsfreiheit darf nicht nur für die gelten, deren Meinung einem passt. Das ist nämlich Wasser auf die Mühlen derer, die permanant schwadronieren, dass der "links-grün versiffte Mainstream" von Presse und Politik die "anderen Meinungen" nicht zulasse. Denn bei fast 2000 Demonstranten der "Black Lives Matter" Demo in Berlin haben die gleichen Gründe, nämlich gesundheitsschutzrechtliche, anscheinend für die Genehmigung keine Rolle gespielt. Und wenn der SPD Innensenator Geisel davon spricht, dass er es nicht zulasse, dass Berlin "ein zweites Mal für Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten missbraucht" würde, schlägt das dem Fass den Boden aus. Denn ein Politiker nennt den wahren Grund für die Absage bzw. mindestens seinen persönlichen Grund. Und so funktioniert Demokratie eben nicht.
Eine Genehmigung unter scharfen Auflagen wäre der richtige Weg gewesen. Natürlich ist es vordergründig unangenehmer, eine Demo aufgrund Auflagenverstöße aufzulösen als sie im Vorfeld nicht zu genehmigen, aber es wäre demokratischer gewesen. Mal abgesehen von den ohnehin zu erwartenden Unruhen.