Riesser-Sumpf droht den SCR zu verschlingen. Joachim Kress zieht im Hintergrund die Fäden.
GAP - In besseren Tagen war er sicherlich ein gepflegteres Ambiente gewöhnt, als den herben Charme der Geschäftsstelle des SC Riessersee mit der Couch und dem Tisch im Stil der 80er Jahre bietet. Bevor Joachim Kress in der Justizvollzugsanstalt Landsberg eine Gefängnisstrafe von 3 Jahren und 8 Monaten abbrummte, zu der ihn das Landgericht München II wegen Steuerhinterziehung, Konkursverschleppung und Betrugs in 2 Fällen verurteilt hatte, residierte er wahlweise in einer weißen Villa am Starnberger See oder auf der Baleareninsel Mallorca, fuhr Rolls Royce und ließ in der Schickeria den Champagner in Strömen fließen. Seit 2002 befindet sich Kress, der aus der Haft eine Betrugsanzeige gegen Christoph Daum, den damaligen Trainer des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen, stellte und damit den Stein ins Rollen brachte, der Daum den Posten als Bundestrainer kostete, wieder auf freiem Fuß. Daum mittlerweile liiert mit der ehemaligen Kress-Ehefrau Angelika Cramm - die beim Theatersommer in GAP bei Cordula Trantows Inszenierung des "Zauberer von Oz" die Rolle der guten Hexe verkörperte - , soll Kress aus einem Immobiliengeschäft Millionen geschuldet haben. Zu Beginn der Eishockeysaison 2002/2003 tauchte der 48-Jährige im Dunstkreis von SCR-Geschäftsführer Ludwig Nominikat und Horst Lasse auf, mittlerweilen logiert er in einer Wohnung in der Nähe des Olympia-Eissportzentrums. Sein eigentlicher Aufenthaltsort ist freilich das Büro des SC Riessersee. Dort spielt er eine Rolle, die undurchsichtiger nicht sein könnte.
Der angedrohte Umzug des SCR nach Stuttgart - falls zum zweiten Playoffviertelfinale gegen den EHCWolfsburg nicht zwischen 3000 und 4000 Zuschauer kommen -, den Lasse auf seine Kappe nahm; eine Kress-Idee. Er hält gern Monologe. Überkommt ihn die Lust am Fabulieren, trägt er seine Visionen in Sachen SC Riessersee vor, saßen die beiden vermeintlichen Chefs Lasse und Nominikat noch vor Wochen wie die Schulbuben dabei und nickten brav ab, was er zum Besten gab. Sein Namen will er freilich nicht genannt wissen. Lieber sieht er sich als Strippenzieher im Hintergrund, parliert von großen Sponsoren aus ganz Deutschland, die dem Klub im Falle eines DEL-Aufstiegs finanziell unter die Arme greifen wollen. Geschäftliches und Sportliches verstand der ehemalige Immobilien-König, der bei seiner Verhaftung 1997 auf Mallorca behauptete, arm wie eine Kirchenmaus zu sein, stets zu vermischen. Zuletzt fungierte er als Präsident der SpVgg Starnberg, zu der er ehemalige Bundesligastars wie Jürgen Täuber lotste, der gegen Ende seiner Karriere auch beim 1. FC Garmisch-Partenkirchen kickte. Fünf Vereine aus dem Fußball und Eishockey, darunter den 1. FC Nürnberg, den EHC 80 Nürnberg, Hedos München und einen Schweizer Klub will er in die 1. Liga gebracht haben. Gleiches schwebt ihm jetzt mit dem SC Riessersee vor. Was dies angeht, sind seine Vorstellungen und die des Horst Lasse ("Ich kenne Jochen seit 14 Jahren") wohl deckungsgleich. Und dennoch deutet viel daraufhin das Kress beabsichtigt, Lasse aus der GmbH zu drängen. Ludwig Nominikat entpuppt sich da als willfähriger Helfer. Das Verhältnis Lasse/Nominikat ist seit Monaten zerrüttet. Nach außen demonstrieren sie Einigkeit, intern sind sie heilos zerstritten. Den schönen Schein wahrten sie bis zum Ende der Saison, jetzt bewirft Nominikat seinen ungeliebten Kompagnon mit Dreck und der SC Riessersee scheint im Riesser-Sumpf zu versinken.
Bereits am 13. August 2002, als das Amtsgericht Weilheim den Insolvenzplan absegnete, zog Nominikat über Lasse her. Bevor er nichts bringe, gebe er keine Stimmanteile der GmbH frei. Via "Abendzeitung" verkündete er gestern, das er gar nicht daran denke, dem Ehepaar Lasse/Danning 2 Drittel der GmbH zu überschreiben. "Mir und meiner Frau gehören 66 Prozent", sagt Horst Lasse und kann dies auch mit notariell beglaubigten Verträgen belegen. Mitte März 2003 übernahm er für jeweils einen Euro die Anteile von Michael Pritschow, Karl Ostler und Klaus Serve. "18 Prozent entfallen auf Ludwig Nominikat, der Rest auf Herrn Janetzky", macht Lasse die Stimmverhältnisse klar. Zudem bestreitet der 48-Jährige, er müsse für die Verträge von Jason Meyer, Adam Smith, Aaron Fox, Dan Bjornlie, T.J. Guidarelli und Matt Murray haften, wie dies Nominikat behaupte. Deren Gehälter und Prämien, die sich inklusive anderer Nebengeräusche auf 311000 Euro belaufen und für die bisher die GmbH aufkam, soll Lasse in den nächsten Tagen ausgleichen. "Ich habe nichts unterschrieben, dies ist zu tun, falls die GmbH nicht in der Lage dazu ist", sagt er. "Doch sie ist es."
Die wirtschaftlichen Verhältnisse Horst Lasses sind seit 1 Jahr Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Sein finanzieller Status - "Herr Lasse hat kleine Beträge eingezahlt", erklärte Nominkat der "AZ"-, blieb in den 10 Monaten seit seiner Rückkehr aus den USA offen.
Als Geschäftsmann hatte sich Lasse bei seinem ersten Auftritt vorgestellt. Die Internet-Firma Rbid.com bei der er unter den Namen Horst Danning als "Chairman" (Vorsitzender) fungiert und die während des Internetbooms als online-Kaufhaus gegründet wurde, liegt seit 2 Jahren auf Eis, die rbid.com Website ist nicht mehr in Betrieb. Rbid wurde von Marathon Corporation finanziert, die 1,3 Millarden Dollar Wert haben soll und die Danning/Lasse gemeinsam mit Ronald Brooks wohl leitet. Marathon war allerdings vor etlichen Monaten in eine Zivilklage verwickelt. John Ehrmann, Geschäftsführer der Öl- und Gasentwicklungsfirma Rocky Mountain Energy-Corporation, stellte in Texas Strafantrag gegen Danning/Lasse, weil dieser von ihm 25000 Dollar Vermittlungsgebühr für ein Geschäft erhalten habe, das nicht zustande kam" so Ehrmann. Lasse bestritt diese Vorhaltung und sprach von einer "Gegenklage". Er habe Geld von Marathon erhalten, nie von Rocky Mountain Energy. Mittlerweile habe sich der ganze Fall in Wohlgefallen aufgelöst, man mache wieder Geschäfte miteinander sagt Lasse.
Fakt ist allerdings, das Lasse sich seit August in Garmisch-Partenkirchen aufhält und seine vorgeblichen USA-Unternehmungen per e-Mail, Internet und Telefon führt, während Ehefrau Sybill Danning zweimal ins heimische Los Angeles reiste um ihre Filmprojekte voranzutreiben. Vor allem an Danning, die mit ihrer Popularität als ehemalige Hollywoodschauspielerin dem SCR zu einer seit 20 Jahren nicht mehr gekannten Medienpräsenz verhalf, scheint sich Nominkat zu reiben. Er erklärte Sie zur unerwünschten Person in der Geschäftsstelle, was Danning zwar trifft ("Sie ist stinksauer") , aber nicht davon abhält weiter für den SC Riessersee zu arbeiten. Sie buchte die Rückflüge für die US-Boys, Jason Meyer und Adam Smith. Wer aus der Schlammschlacht als Sieger hervorgeht, wird sich zeigen, wenn die Kontrahenten am kommenden Dienstag bei einer Gesellschafterversammlung in den Ring steigen. Alles scheint möglich. Einer steht freilich schon als Verlierer fest: das Eishockey in Garmisch-Partenkirchen. Sponsoren sind aufgeschreckt. Während Lasse gestern Nachmittag versuchte, die nervös gewordenen Geldgeber zu beruhigen, steckten Nominikat und Kress zur selben Zeit auf dessen Balkon die Köpfe zusammen