in der Vermeidung von Lichtverschmutzung :roll: !!!

Sternengucker brauchen dunkle Nächte

Es gibt Orte, an denen Menschen Dinge sehen können, die noch nie jemand zuvor zu Gesicht bekommen hat. Der „Hohe List“, ein Hügel in der Eifel südlich von Bonn, ist so ein Ort. Hier versuchen Astronomen, einige Geheimnisse des Weltalls zu enträtseln: In der Sternwarte der Universität Bonn. Nachts gehen sie auf Spurensuche im Universum.
Auf dem „Hohen List“ steht mit einem Spiegel von mehr als einem Meter und einer Brennweite von 14 Metern eines der größten Teleskope Deutschlands. Mit ihm lassen sich weit entfernte Sterne beobachten und dank moderner Computertechnik auch deren Masse, Temperatur und Zusammensetzung erkunden.

Auf dem „Hohen List“ setzen die Wissenschaftler eine Tradition fort, die an der Uni Bonn bereits vor 160 Jahren ihren Anfang nahm. In einem Vorort der Stadt wurde bereits 1845 eine Sternwarte eingeweiht. Hier gelang es dem berühmten Astronomen Argelander zum ersten Mal, die genaue Position und Helligkeit aller Sterne zu ermitteln, die mit den damals vorhandenen Instrumenten erkennbar waren. So schuf er die so genannte „Bonner Durchmusterung“. Damals eine wissenschaftliche Sensation.


Helle Nächte zwingen zum Umzug

Doch die Sternwarte verlor rasch an Bedeutung. Denn die Stadt Bonn wuchs immer mehr. Lag die Sternwarte bei ihrer Gründung noch weitab des städtischen Trubels, lag sie einige Jahrzehnte später mitten im Stadtzentrum. Das Licht der Stadt erhellte zusehends den Nachthimmel und versperrte der Sternwarte so den Ausblick ins Firmament.
Gut 100 Jahre nach Gründung der alten Sternwarte waren die Astronomen daher gezwungen, umzuziehen. Auf dem „Hohen List“ bauten sie ein neues Observatorium. 100 Kilometer von Bonn entfernt, schien nichts den Blick aus den Teleskopen verstellen zu können. Statt Straßenlaternen gab es hier nach dem zweiten Weltkrieg nur Felder und Wiesen. Von den Problemen der Lichtverschmutzung in den Großstädten schienen die Wissenschaftler an dem einsamen Ort verschont.

Doch die Bonner Forscher haben sich getäuscht. Auf den ersten Blick herrscht auf dem Hügel nachts zwar dunkle Nacht. Doch mit einer empfindlichen Digitalfotokamera lässt sich sichtbar machen, was der Fernsehkamera verborgen bleibt. Der nächtliche Panoramablick offenbart Erstaunliches: Lichtkuppeln und blendende Lampen erhellen den Himmel bis weit über den Horizont - die Lichtverschmutzung hat inzwischen auch die wenig bewohnte Eifel erreicht.


Galaxien wie Taschenlampen auf dem Mond

Die Astronomen haben das Nachsehen. Ferne Galaxien leuchten manchmal nur so schwach wie eine Taschenlampe auf dem Mond. In einem aufgehellten Nachthimmel kann man sie deshalb nicht mehr erkennen. Die Aufhellung ist die Folge Abertausender von Lampen, deren Strahlen sich an Staub-, Wasser- und Luftteilchen in der Atmosphäre brechen. Die Bonner Wissenschaftler auf dem „Hohen List“ leiden unter einem Phänomen, das weltweit zunimmt.

Wie groß das Problem ist, zeigt ein Weltatlas der Lichtverschmutzung, den die italienischen Astronomen P.Cinzano und F.Falchi von der Universität Padua mit ihrem amerikanischen Kollegen C.D.Elvidge von der National Oceanic and Athmospheric Administration in Boulder,Colorado aus Satellitendaten zusammengestellt haben. Vor allem die Industriestaaten, aber auch die Metropolen der Entwicklungsländer ergeben darauf ein wahres Lichtermeer. Vor allem in den USA und Europa, so die Forscher, ist der Nachthimmel von 99 Prozent der Bevölkerung „lichtverschmutzt“.


Die Milchstraße verschwindet

Die Folge: Der Anblick funkelnder Sterne ist auch in Deutschland eine Seltenheit geworden. Bereits die Hälfte aller Europäer kann im hell erleuchteten Himmel der Städte die Milchstraße mit bloßem Auge nicht mehr erkennen. „Eine dramatische Entwicklung“ beklagt Dr. Andreas Hänel, Astronom und Leiter der Deutschen Fachgruppe der „Dark Sky Administration“. Diese internationale Organisation setzt sich für das Recht auf einen dunklen Nachthimmel und einen ungestörten Blick auf die Sterne ein. Vor allem die ausufernde Beleuchtung von immer mehr Gewerbe- und Siedlungsflächen sieht Dr. Hänel als Ursache für die Lichtverschmutzung: „Das Problem ist aber nicht so sehr die Beleuchtung an sich. Oftmals wird nicht zielgerichtet beleuchtet, sondern erhellt das künstliche Licht auch Dinge, die gar nicht angestrahlt zu werden brauchen.“

Doch die Forderung der Astronomen wird in einer Stadt Deutschlands Ernst genommen: im bayrischen Augsburg. Was bei leeren Kassen andernorts undenkbar scheint, wird in Augsburg seit Jahren konsequent durchgeführt: Stück für Stück werden die 25.000 Leuchten der Stadt mit Natriumhochdrucklampen ausgerüstet. Statt weiß leuchten sie gelb, und das kann - anders als das Licht aus den sonst üblichen Leuchtstoff- und Quecksilberdampf-Lampen - in den Teleskopen der Astronomen leicht herausgefiltert werden. Und: Natriumhochdrucklampen locken viel weniger Insekten an und sparen Energie.


Lichtfreundlichste Stadt Deutschlands

Hinter dem Umrüstprogramm steckt Sandor Isepy. Er ist im Tiefbauamt der Stadt verantwortlich für die öffentliche Beleuchtung auf 600 Kilometern Straße. Augsburg soll die lichtfreundlichste Stadt Deutschlands werden. Das ist das Ziel von Isepy, das er gegen Widerstände bei manchen Architekten und Stromversorgern durchsetzen musste. Dabei will Isepy keinesfalls, dass in Augsburg das Licht ausgeht. Er hat vielmehr der Verschwendung den Kampf angesagt:

- Zum Beispiel brennt in Sommernächten nur eine von zwei Lampen in vielen Straßenleuchten.
- Lampen werden so ausgerichtet, dass das Licht auf den Boden fällt und nicht den Himmel erhellt.
- Dimmer reduzieren die Lichtmenge in verkehrsarmen Zeiten.
- Ein- und Ausschaltzeiten werden optimiert.

Die Bilanz kann sich auch für die Stadtkasse sehen lassen: 20 Prozent weniger Stromverbrauch. Rund 250.000 Euro werden so im Jahr gespart. Vor allem aber: Nachts kann die Stadt mit einer besonderen Attraktion aufwarten, mit einem Genuss für alle Sternenfreunde. Der Himmel über Augsburg ist dunkel. Die Sterne sind wieder da, wo sie schon immer waren, um die Menschen zu erfreuen. Ein Vorbild, das Nachahmer finden sollte.


Da Augsburg also die dunkelste Stadt Deutschlands ist, können wir beruhigt schlafen. Die Marsmenschen fliegen an uns vorbei, weil sie nichts sehen :idea: !