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Interview der Woche: Zé Roberto (29) - 10.07.2003 11:00
"Wir müssen reden"
kicker: Zé Roberto, herzlichen Glückwunsch. Ihre Frau Luciana brachte soeben das zweite Kind zur Welt. Waren Sie auch im Kreißsaal?
Zé Roberto: Selbstverständlich. Das Baby ist ein Geschenk Gottes.
kicker: Auf Sohn Endrik folgte nun das Mädchen Miriam. Wie sieht die weitere Familienplanung aus?
Zé Roberto: Jetzt ist Schluss. Eventuell adoptieren wir später noch ein oder zwei Kinder, weil es in Brasilien so viele arme Kinder gibt.
kicker: Sie mussten sich während der Sommerpause einer Mandeloperation unterziehen. Hatten Sie überhaupt Zeit, sich zu erholen?
Zé Roberto: Die Operation war nicht so schlimm. Ich hatte lediglich einen dreitägigen Krankenhausaufenthalt. Am Strand zum Baden war ich aber nicht, in Brasilien ist derzeit Winter mit 20 Grad Tagestemperatur. Wir blieben in Sao Paulo.
kicker: Haben Sie im fernen Südamerika die klaren Worte beschäftigt, mit denen Sie Manager Uli Hoeneß in die Ferien entließ: Dass Sie in der kommenden Saison eine Schippe drauflegen müssten?
Zé Roberto: Mit mir hat niemand vom Verein gesprochen. Aber ich habe diese Kritik gelesen.
kicker: Können Sie die Äußerungen nachvollziehen?
Zé Roberto: Diese Kritik von Manager Uli Hoeneß war für mich schon eine Überraschung, eine böse Überraschung.
kicker: Inwiefern? Waren Sie mit sich zufrieden?
Zé Roberto: Ja, ich war zufrieden; schließlich war es mein erstes Jahr beim FC Bayern. Ich habe davon geträumt, Meister zu werden; es hat gleich geklappt. Ich habe eine normale, aber keine sehr gute Saison gemacht.
kicker: Wieso nicht?
Zé Roberto: Ich habe zu wenige Tore geschossen.
kicker: Wie wollen Sie dieses Manko beheben?
Zé Roberto: Ich bin einer, der vorbereitet und flankt oder quer passt. Und da sieht meine Münchner Quote nicht so schlecht aus.
kicker: Bestimmt nicht. Es sind immerhin elf Assists verbucht in der Bundesliga, einzig Mahdavikia vom Hamburger SV schaffte mehr, 14. Aber Sie haben nur einen einzigen Treffer geschossen. Können Sie sich noch umstellen? Und wie?
Zé Roberto: Ich muss mich mental vestärkt darauf einstellen. Ich muss mehr in den Strafraum gehen und mich auf den Abschluss konzentrieren. Ich will in der anstehenden Saison besser spielen.
kicker: Wie viele Prozent Zé Roberto haben wir vorige Saison gesehen?
Zé Roberto: 70 Prozent
kicker: Rummenigge sagt, Sie seien "grundsätzlich steigerungsfähig", als Maßstab führt er Ihre Weltklasseleistung in Bochum an. Ist dieser Anspruch zu hoch?
Zé Roberto: So wie ich damals in Bochum kann kein Mensch immer spielen. Dort habe ich tatsächlich mein bestes Spiel gemacht. Das Problem ist, dass ich bei Bayern nicht diese Leistungen gebracht habe wie im Jahr zuvor bei Bayer.
kicker: Hoeneß sagt, Ihre Saison sei schlecht gewesen, man möge ihm fünf gute Spiele von Ihnen nennen. Wie reagieren Sie darauf?
Zé Roberto: Diese Kritik ist ein bisschen hart. Ich weiß nicht, weshalb sie kommt. Es gab kein Gespräch. Ich verstehe diese Kritik nicht. Aber das ist seine Meinung, wir Spieler müssen sie akzeptieren. Offenbar dachten alle, es würde für mich so weitergehen wie in Leverkusen.
kicker: Dort haben Sie 2001/02 in 30 Einsätzen vier Treffer erzielt und zu 16 weiteren die Vorlage gegeben.
Zé Roberto: In jener Saison hatte ich meine absolute Topform.
kicker: Warum ging es bei Bayern nicht so weiter? Mussten Sie sich einer neuen Spielweise anpassen?
Zé Roberto: Nein, ich habe bei Bayern die gleiche Position wie in Leverkusen. Aber ich brauche Zeit. Und meine Zeit hier kommt. Diese Kritik macht mich nur stärker. Ich werde mich noch mehr auf meine Arbeit konzentrieren. Bei Elber war es genauso: Rummenigge hat ihn vorige Saison kritisiert, und Elber wurde Torschützenkönig. Ich will in der kommenden Saison mehr machen und mehr Tore schießen.
kicker: Wie viele?
Zé Roberto: Mehr als fünf. In den Spielen und im Training zusammengerechnet.
kicker: Ein guter Witz.
Zé Roberto: Aber wenn der Klub mit mir nicht zufrieden ist, müssen wir reden, was wir tun werden.
kicker: Wie meinen Sie das?
Zé Roberto: Wenn Hoeneß und Rummenigge nicht zufrieden sind mit mir, müssen wir klären, was für den Verein und für mich besser ist. Mein Vertrag gilt zwar bis 2005; aber ich will nicht bleiben, wenn Bayern mit mir unzufrieden ist. Der Trainer sagt, ich hätte eine gute Saison gespielt, Rummenigge und Hoeneß nicht. So schlecht aber kann ich nicht gewesen sein, sonst wäre ich nicht wieder Nationalspieler geworden; gerade beim Weltmeister Brasilien ist das besonders schwierig.
Interview: Karlheinz Wild