Freezers hoffen auf NHL-Streik
Superstar Sturm könnte dann in Hamburg spielen - Miller vor Abschied
von Christian Bönig
Den kräftigen Schluck aus der Flasche hatte sich Marco Sturm nach dem gestrigen Vormittagstraining redlich verdient. Fast zwei Stunden hatte sich der NHL-Star über die Spielfläche der Farmsener Eishalle gequält, dabei das eine oder andere Mal seine Gegenspieler düpiert oder seine Mitspieler gekonnt in Szene gesetzt. "Mit diesem genialen Spieler würden wir ganz sicher die Meisterschaft gewinnen", sagte ein Fan der Hamburg Freezers freudestrahlend.
Die Hoffnung, Marco Sturm in der kommenden Saison in einem DEL-Spiel im Trikot der "Kühlschränke" spielen zu sehen, sollten die Sympathisanten der Hamburger schnell wieder begraben. In der darauf folgenden Spielzeit wären diese Gedankenspiele indes schon mit etwas mehr Realität verbunden. Weil in den USA der Tarif-Vertrag zwischen den Teambesitzern, der Spielergewerkschaft NHLPA und den Fernsehsendern ausläuft, droht ein Streik. In diesem Fall würden viele ausländische Spieler in ihrem Heimatland bei einem Club unterkommen.
Auch Sturm: Der 24 Jahre alte Angreifer denkt im Fall eines Streiks ernsthaft darüber nach, für einen bestimmten Zeitraum wieder nach Deutschland zu kommen. "Der Kontakt zu den Freezers ist ja schon vorhanden", sagt der bekannteste deutsche Eishockey-Spieler mit einem Grinsen im Gesicht. Außerdem leben mit seinem Schwager Christian Künast, der mit Sturms Schwester Nicole verheiratet ist und ein Haus in Norderstedt hat, ein Teil der Familie in der Hansestadt.
"Es wäre hier sicher interessant, zumal Hamburg eine traumhaft schöne Stadt ist. Unter normalen Umständen kehre ich während meiner aktiven Karriere aber nicht nach Deutschland zurück", stellt Sturm klar. Dennoch lobt er die Trainings-Bedingungen bei den Freezers. "Die Einheiten sind von der Intensität vergleichbar mit denen in den USA. Schließlich haben sie mit Dave King einen NHL-Trainer. Er ist ein erfahrener Mann und macht das richtig gut."
Sturm traut den Hamburgern im zweiten DEL-Jahr einen Platz unter den Topteams der Liga zu. "Ich denke, sie gehören mit diesem Potenzial zu den ganz heißen Anwärtern auf den Titel. Nach der Vorrunde springt der vierte Platz heraus. Die Fans können auf jeden Fall einiges von dieser Mannschaft erwarten."
Nicht so von Jason Miller. Der Stürmer soll nach der Verpflichtung von Paul Manning aussortiert werden, obwohl er noch einen Vertrag bis 2004 besitzt. Die Freezers-Verantwortlichen waren in der vergangenen Saison nicht zufrieden mit dem Kanadier, jetzt muss er den Platz für Manning räumen. "Ich bin wahnsinnig enttäuscht. Jeden Morgen wache ich mit einem grauenhaften Gefühl auf. Die Situation ist unheimlich schwer für mich. Der Club versucht mir zu helfen", sagt Miller mit traurigen Augen und gedämpfter Stimme. In der Kabine fühle er sich wie ein Außenseiter, obwohl es ihm die Mannschaft nicht vermittle.
Der Agent des 32 Jahre alten ehemaligen Nürnbergers ist schon seit Wochen auf Vereinssuche, noch gibt es aber keine Angebote. "Zur Not sitze ich den Vertrag auf der Tribüne ab. Ich gehe nicht aus Hamburg weg, ohne einen Vertrag bei einem anderen Verein unterschrieben zu haben. Meine Familie und ich haben gerade erst soziale Kontakte in der Nachbarschaft geknüpft."
Noch sind seine Frau Renessa und die beiden Kinder Averie (2) und Felix (2) im Urlaub in Kanada. "Sie geben mir Kraft. Wenn wir telefonieren, wirken die Probleme nicht mehr so schlimm", erklärt Miller. Dave King stellt dem Angreifer ein erstklassiges Zeugnis aus. "Wir haben es ihm im Sommer schon gesagt. Trotzdem verhält sich Jason vorbildlich und gibt in jedem Training Vollgas." So ein Spieler sollte doch schnell wieder einen Verein finden.