Aus der SZ von heute:

Glückwünsche verschoben

Der FC Bayern hat im Umgang mit den Fans dazugelernt und einen neuen Betreuer eingestellt



Es war ein schlimmer Sommer für Andi Brück. Er ist seit 1986 Fan des FC Bayern, seit 1990 hat er so gut wie alle Bundesliga-Spiele des Vereins besucht. Dass es so weit kommen würde, hatte er nicht geahnt. „Es war eine meiner schwärzesten Zeiten“, sagt er, „emotional war es sehr hart. So etwas darf nie wieder eintreten.“ Der FC Bayern München hatte einigen hundert Fans, anfangs wegen angeblichen „vereinsschädigenden Verhaltens“, später begleitet von öffentlichen Diffamierungen, die Dauerkarten entzogen. Inzwischen hat sich der Verein mehrmals entschuldigt, zuletzt haben Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auf der Jahreshauptversammlung und Manager Uli Hoeneß bei einem Treffen des damals ausgeschlossenen Fanklubs Club Nr. 12 versöhnliche Reden gehalten.


Es scheint, als hätten die Verantwortlichen des FC Bayern im Umgang mit den Fans dazugelernt. Sie haben Andi Brück als hauptberuflichen Mitarbeiter der Fanbetreuung angestellt. Jetzt ist auch der harte Kern der Fans im Verein repräsentiert, die so genannte Szene, die mit ihren vielen Strömungen und ihrem teilweise aggressiv wirkenden Verhalten von den Vereinschefs oft missverstanden wird – nicht nur beim FC Bayern. „Eine Sache wie im Sommer kann im Normalfall nicht mehr passieren“, sagt Brück, „jetzt habe ich die Chance zu sagen: Das ist nicht richtig.“


Außerdem wurde ein Fanrat gegründet, in dem auch die im Sommer ausgeschlossenen Fanklubs vertreten sind. Er soll sich vierteljährlich mit der Vereinsführung treffen. Im Fanrat sitzt auch der Südkurven-Trompeter Manfred Rögelein. Beim ersten Heimspiel der Saison wollten ihn die Verantwortlichen des FC Bayern noch in eine Blaskapelle einbauen, der harte Kern der Anhänger reagierte wütend. Die Blaskapelle kam nie wieder, mittlerweile kann Brück über die Geschichte schon lachen. Sie ist das beste Beispiel dafür, wie wenig die Verantwortlichen des FC Bayern über ihre Fans wussten.


Arbeitsteilung funktioniert


Deswegen arbeitet der Verein jetzt mit Andi Brück zusammen. Jeder in der Fanszene kennt Brück, er kennt jeden. Die neue Aufgabe wird nicht einfach für ihn – er muss sich seinem Arbeitgeber loyal zeigen, darf sich aber auch nicht von der Szene entfremden. Und er arbeitet mit dem Fanbeauftragten Raimond Aumann zusammen, den viele Mitglieder des harten Kerns nicht mögen. Bisher funktioniert die Arbeitsteilung: Aumann kümmert sich um den Großteil der gewöhnlichen Fanklubs, Brück um die immer im Stadion vertretenen Mitglieder der Szene. „Die normalen Fans und die Szene sind zwei Paar Stiefel“, sagt Brück.


Durch die Entschuldigungen des Vereins und die neuen Maßnahmen ist Ruhe eingekehrt. Die grundsätzlichen Streitigkeiten zwischen der Fanszene und der FC Bayern München AG sind vorerst in den Hintergrund getreten. Etwa der Protest der Anhänger gegen den zunehmenden Kommerz. „Wenn es um die Jahreskarte geht, ist die Farbe des Trikots erst einmal nicht mehr interessant“, sagt Brück. Der FC Bayern hat die Kritiker aus den eigenen Reihen nicht durch falsche Anschuldigungen loswerden können; nun versucht er, sie zu integrieren. Das ist der bessere Weg.


Was allerdings passiert, wenn solche Themen wieder in den Vordergrund rücken, kann Brück nicht sagen. „Da bin ich mir noch nicht sicher, ob ich den Einfluss habe, um zu sagen: Herr Hoeneß, den Fans gefällt das Trikot nicht, die hätten lieber wieder rot.“ Brück sieht seinen neuen Job realistisch: „Viele wollten mir gratulieren, da habe ich gesagt: Gratuliert mir in einem Jahr“, sagt er, „man muss erst abwarten, was passiert, wenn wieder eine Krisensituation eintritt.“


Markus Schäflein