Unruhe bei Nürnberg Ice Tigers
Trotz grandioser Saison droht schlechte Laune
Keine Vertragsverhandlungen/Manager Sykora vergrault die Mannschaft
von Thomas Lipinski
Neuss/Nürnberg (sid) Zweiter nach der Vorrunde, dickes Lob von
der Konkurrenz, Geheimfavorit im Titelkampf - wer hätte das
gedacht? Vor dem Saisonstart in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL)
bangten die Nürnberg Ice Tigers sogar um ihre Teilnahme, weil die
Bilanz viele rote Zahlen aufwies. Danach aber lief es zumindest
sportlich so gut, dass die bisweilen als Abstiegskandidat
gehandelten Franken vor den Playoffs am Mittwoch (19.30 Uhr) gegen
den ERC Ingolstadt sogar vom Titel träumen dürfen.
'An Nürnberg führt kein Weg vorbei', behauptet Pierre Page,
Trainer des Vorrundenprimus Eisbären Berlin und in vier Spielen
gegen die Ice Tigers viermal Verlierer. Eistiger-Klubchef Herbert
Frey sprach nach dem letzten Heimspiel am vergangenen Freitag gegen
Viertelfinalgegner Ingolstadt (3:2 n.P.) von einer 'grandiosen
Saison', Manager Otto Sykora sagte schwärmerisch: 'Gigantisch, was
die Jungs bisher abgeliefert haben, eine solche Leistung hat uns zu
Saisonbeginn keiner zugetraut.'
Hauptverantwortlicher für eine bemerkenswerte Saison, die mit
einem gesteigerten Zuschauerinteresse von 5600 Besuchern pro Partie
honoriert wurde, ist Trainer Greg Poss. Der Amerikaner, im Vorjahr
noch bei den Iserlohn Roosters und zum Trainer des Jahres gewählt,
formte aus wenigen Etablierten, ein paar Stars wie Torjäger Marian
Cisar, vielen jungen Deutschen und vermeintlichen 'Restposten' eine
begeisterungsfähige Mannschaft und lässt sie das offensive, so
genannte Torpedo-System spielen.
Die gute Laune von Frey und Sykora könnte freilich schnell
verfliegen. Seit dem Finaleinzug 1999 (2:3 gegen Adler Mannheim)
ist das DEL-Gründungsmitglied nämlich nicht mehr über die erste
Runde der Playoffs hinausgekommen. Die hoch gelobte Mannschaft ist
außerdem angefressen, denn trotz ihrer bemerkenswerten Leistungen
hat sich Sykora bislang kategorisch geweigert, eine Perspektive
aufzuzeigen und Vertragsverhandlungen für die neue Saison zu führen.
'Wenn wir gute Playoffs spielen, habe ich kein Problem damit,
mit der gesamten Mannschaft zu verlängern', hat der arg
eigenwillige Manager und Frey-Schützling verkündet. Bei einigen
Spielern, die von Trainer Poss gerade als Schlüsselspieler geadelt
wurden, kommt er da schon zu spät. Die Verteidiger Guy Lehoux (zu
Krefeld) und Stephane Julien (zu Frankfurt) sind wohl weg, auch
Urgestein Martin Jiranek (Ingolstadt). Sie alle wollten nicht mehr
Geld, aber als Familienväter ein wenig Sicherheit. Sykora blieb
stumm.
'Sie sind die Leader unserer jungen Leute', sagt Poss über die
alten Haudegen, zu denen auch Ex-Nationalmannschaftskapitän Jürgen
Rumrich gehört. Auch der in Nürnberg beliebte Kapitän trägt sich
bereits mit Umzugsgedanken. Rumrich, der noch ein Jahr spielen
möchte und im Umfeld der Franken als Idealbesetzung für einen
Management-Posten gilt, wartet bislang vergeblich auf Signale des
Managers. Der fabulierte neulich lieber: 'Wir sind eine große
Mannschaft.'
Tatsächlich hat Sykora allein mit den zwei Top-Scorern Cisar
und dem wiedererstarkten Thomas Greilinger einen Vorvertrag für die
kommende Saison ausgehandelt. Dazu kommen die jungen Deutschen wie
Nationalverteidiger Lasse Kopitz, Super-Talent Felix Petermann oder
Neu-Nationalspieler Petr Fical, deren Vereinbarungen noch laufen.
Im kleinen Kreis ließen einige allerdings schon mal verlauten: Wenn
der Manager im nächsten Jahr nicht früher in die Pötte kommt, wird
er vor vollendete Tatsachen gestellt.
Der Etat für die neue Saison steht auch noch nicht. Um den
zumindest halbwegs zusammenzubekommen, wird Sykora wohl auch die
Torhüter Frederic Chabot und Alfie Michaud sowie Co-Kapitän Steve
Larouche ziehen lassen. Auch Nationalspieler Witali Aab (zu
Mannheim) wird nicht mehr auf der Gehaltsliste stehen.
sid tl ab
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