US-Politiker schauen in die "Abgründe der Hölle"
Mitglieder des US-Kongresses haben bislang geheim gehaltene Folterbilder aus dem Abu-Ghoreib-Gefängnis im Irak gesehen und sind zutiefst schockiert. Der demokratische Senator Richard Durbin sprach am Mittwoch von entsetzlichen Bildern, die ihm wie die "Abgründe der Hölle" vorgekommen seien. Das US-Verteidigungsministerium hat rund 1600 Fotos und Videoaufnahmen aus dem Irak-Krieg, die noch nicht veröffentlicht wurden.
Nach Angaben von Kongressmitgliedern waren darauf auch Gefangene zu sehen, die zum Analverkehr gezwungen wurden. Andere hätten Bisswunden - offenbar von Hunden. Zudem seien Leichen zu sehen gewesen und immer wieder Beispiele für "sadistische Folter" und "sexuelle Erniedrigung".
Senator Durbin war davon so geschockt, dass er sich nach einer gewissen Zeit abwenden musste. Er habe die Fotos einfach nicht mehr ertragen können. "Ich kann immer noch nicht glauben, dass dies ohne Wissen höherer Ebenen geschehen ist", fügte er hinzu. Der Senaor berichtete auch von einem besonders schockierenden Foto, auf dem ein Mann in einer Blutlache zu sehen gewesen sei, dessen eine Kopfhälfte "weggesprengt" gewesen sei.
Der republikanische Fraktionschef im Senat, Bill Frist, sagte: "Was wir gesehen haben, war erschreckend." Zwar seien aus der Presse bereits Bilder sadistischer Folter bekannt gewesen, doch hätten die neuen Bilder diesen Rahmen in einigen "zur Schau gestellten Aktivitäten" gesprengt. Die demokratische Kongressabgeordnete Jane Harman sagte, es seien so grausame Szenen zu sehen gewesen, dass es einem den Magen umdrehe. Sie nannte ein Beispiel: Ein mit Handschellen an eine Wand gefesselter fast nackter Mann schlug seinen Kopf immer wieder gegen die Wand. Offenbar habe er damit eine Ohnmacht herbeiführen wollen, die ihn von den Qualen befreien sollte.
Der republikanische Senator Peter Fitzgerald sagte, er habe auf den Aufnahmen immer wieder die Gesichter von Folterern gesehen, die bereits aus den veröffentlichten Fotos bekannt gewesen seien. Die Kongressmitglieder hatten mehrere Stunden Zeit, die bislang unter Verschluss gehaltenen Bilder in streng gesicherten Räumen zu sehen. Der unabhängige Senator James Jeffords kritisierte, die Fotos seien in zu schneller Abfolge gezeigt und zudem kaum erläutert worden. "Die Bilder waren schrecklich. Aber das ging so schnell. Das ging Klick, Klick, Klick."
Einige republikanische Politiker forderten, die Bilder nicht zur Veröffentlichung freizugeben, da sie die US-Truppen im Ausland in Gefahr bringen könnten. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte über die Aufnahmen gesagt, sie könnten den Skandal noch verheerender machen. Die bisher veröffentlichten Fotos über Misshandlungen aus der Haftanstalt Abu Ghoreib bei Bagdad hatten weltweite Empörung ausgelöst und die Regierung der USA unter massiven innen- und außenpolitischen Druck gesetzt.