Baltimore (dpa) - Trauer und Hoffnung: Nach der dramatischen Trennung der Siamesischen Zwillinge aus Lemgo haben die Ärzte den Kampf um das Leben der kleinen Tabea verloren und hoffen jetzt auf das Überleben ihrer Schwester Lea.

Tabea war kurz nach der mehr als 18-stündigen Marathonoperation am Donnerstagmorgen im Kinderhospital der Johns Hopkins Universität im amerikanischen Baltimore gestorben. Lea habe jedoch gute Chancen, die schwierige Trennung am Kopf gut zu überstehen. Ihr Zustand sei kritisch, aber stabil. Lemgos Bürgermeister Reiner Auermann reagierte bestürzt auf die Nachricht vom Tod Tabeas.

"Natürlich wussten wir um die Risiken dieser Operation. Gleichwohl ist jeder in der Stadt betroffen über den Tod von Tabea. Mein Mitgefühl gilt den Eltern. Und natürlich hoffen wir für Lea", sagte er der dpa.

Die Trennung der siamesischen Zwillinge hatte am vergangenen Samstag um 11.30 Uhr deutscher Zeit begonnen. Am frühen Sonntagmorgen hatte das Operationsteam den Eingriff wegen Tabea unterbrochen. Sie erlitt nach Informationen des "Stern" auf dem OP-Tisch zwei Mal einen Herzstillstand.

Keine Rettung trotz intensiver Wiederbelebungsversuche
Die Chirurgen gewährten ihr und Lea daraufhin eine 82-stündige Erholungspause, in der beide Mädchen unter Narkose gehalten wurden. So sollte vermieden werden, dass eventuelle Bewegungen dem bereits geöffneten Hirn der Mädchen schaden.

In der Fortsetzung des Eingriffs gelang es den Chirurgen dann zwar in der Nacht zu Donnerstag, die Mädchen zu trennen. Tabea habe jedoch trotz intensiver Wiederbelebungsversuche nicht gerettet werden können, teilte das Hospital "mit großer Traurigkeit" mit. Lea wurde auf die Intensivstation verlegt.

"Wir haben große Hoffnung, dass Lea kräftig bleibt, sich gut erholt und zu einem gesunden jungen Mädchen heranwächst", ließ das erschöpfte Team um den Neurochirurgen Benjamin Carson in einer knappen Verlautbarung ausrichten.

Die Überlebenschance lag bei 50 Prozent
Nicolai Reimer, der Leiter der mennonitischen Gemeinde, der die Eltern der Zwillinge angehören, reagierte schockiert auf den Tod von Tabea: "Damit haben wir nicht gerechnet." Auch in der Kinderklinik Bethel löste Tabeas Tod Trauer aus. "Wir fühlen mit den Eltern und sind traurig über den Tod der kleinen Tabea", sagte Bethels Vorstandschef Pastor Friedrich Schophaus.

"In Bethel denken jetzt viele Menschen an die Familie und wünschen ihr und Lea viel Kraft." Der Betheler Kinderarzt Tilman Polster hatte die Eltern in Baltimore seit Beginn der Operation von Lea und Tabea begleitet.

Der Ausgang des riskanten Eingriffs kommt, so schwer er für die Eltern Nelly und Peter zu verkraften ist, nicht überraschend. Laut Statistik haben Siamesische Zwillinge, die wie Lea und Tabea an der Schädeldecke verwachsen sind, nur eine 50-prozentige Überlebenschance.