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Hamburger Abendblatt
[size=16px]VIP-Logen beim HSV: Finanzamt stoppt Firmen
Sport-Arenen: Hiobsbotschaft vor Fußball-WM: Geänderte Steuerpraxis gefährdet die Stadionfinanzierung in Deutschland. [/size]
Von Jens Meyer-Odewald
Diese Mitteilung schickte das Hamburger Finanzamt für Großunternehmen an eine bekannte Firma in der Hansestadt.
Hamburg - Ein Jahr vor der Fußball-Weltmeisterschaft sorgt eine weitere Hiobsbotschaft für Aufruhr bei den Profiklubs. Nach Informationen des Abendblattes hat erstmals das "Finanzamt für Großunternehmen in Hamburg" Firmen die volle steuerliche Abzugsfähigkeit ihrer VIP-Räume (Logen) im HSV-Stadion als Betriebskosten aberkannt. In mehreren Fällen drohen Nachzahlungen von weit über 100 000 Euro. Diese Praxis gefährdet die gesamte Stadionfinanzierung in Deutschland, weil sich die hohen Mietkosten für die Logennutzer dann nicht mehr rechnen. Insgesamt geht es in Deutschland um mehrere hundert Millionen Euro.
Seit Jahren herrschte in Deutschland Unklarheit: Ist der Besuch einer Loge eine dienstliche Angelegenheit oder ein privates Freizeitvergnügen? In welchem Rahmen können einladende Firmen die jeweils mehrere hundert Euro teuren Karten steuerlich geltend machen? Der Auslegung des Hamburger Finanzamtes kommt deshalb große Bedeutung zu. Mit der Folge, daß Unternehmen, die sich bisher in Sicherheit wähnten, Steuerbescheide mit hohen Nachzahlungen ins Haus stehen. Macht das Hamburger Beispiel Schule, könnte bundesweit eine Lawine ausgelöst werden.
Dem Abendblatt liegen Prüfungsvermerke des Finanzamtes für Großunternehmen vor, die den Konzernen jetzt zugestellt wurden. In einem Fall beträgt die Nachzahlung für die Nutzung einer Loge in der heutigen AOL-Arena für die Jahre 1996 bis 2000 rund 100 000 Euro - bei 250 000 Euro Ausgaben für die Räumlichkeit mit Bewirtung. In einem weiteren Fall, einem Versicherungsunternehmen in Alsternähe, ist die Summe noch höher. In allen Fällen setzten die Unternehmen darauf, ihre Kosten voll von der Steuer absetzen zu können.
Nach dem dem Abendblatt vorliegenden Prüfungsvermerk geht das nicht mehr. "Setzt sich die Behandlung durch, werden sich viele Betriebe den Luxus nicht mehr leisten können", sagte der Finanzchef einer Hamburger Firma. Wie andere Betroffene will er ungenannt bleiben: "Das Thema ist zu heiß."
Kein Wunder: Pro Saison nehmen Deutschlands Profifußball-Vereine rund 75 Millionen Euro aus der Vermietung von Logen ein. Allein die neue Allianz-Arena in München rechnet mit mehr als 20 Millionen Euro jährlich. "Für uns wäre die aktuelle Finanzamts-Praxis eine Katastrophe", sagt der Schatzmeister eines Erstligaklubs. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) kennt das Problem, wollte sich jedoch auf Anfrage offiziell nicht äußern.
Ohne Millionenerlöse aus dem VIP-Bereich stehen auch wesentliche Finanzierungsbeiträge bei der Fußball-WM 2006 in Deutschland in Frage. Unternehmen, die sich die bis zu 3000 Euro pro Spiel teuren Tickets gönnen und diese künftig nicht mehr voll von der Steuer absetzen dürfen, könnten abgeschreckt werden.
Das Problem beschränkt sich nicht nur auf den Fußball: Betroffen sind Großveranstaltungen jeder Art in Stadien und Hallen, in denen Logenplätze angeboten werden. Auch Angestellte, die eine Loge ihrer eigenen Firma nutzen, könnte die neue Steuerpraxis treffen: Der Spaß kann als geldwerter Vorteil gewertet werden - und für einen solchen müßte der Mitarbeiter Steuern zahlen.
erschienen am 19. Februar 2005 in Sport