Eine Stellungnahme zu der Kolumne von Herr Mey vom 29.11.2006 bei Sport1.de
Sehr geehrter Herr Mey,
"Papa, was erzählt der Alexander Mey da für einen Stuss?"
Eine berechtigte Frage für einen 10 jährigen Jungen, der seit 5 Jahren zu seinem Lieblingseishockeyverein geht. So gut wie kein Heimspiel verpasst und auch sonst bei Eishockey-Weltmeisterschaften, Übertragungen aus der NHL oder bei den Olympischen Spielen am Fernseher hängt, wenn es international um Titel in seiner Lieblingssportart geht.
"Weiß der Mey eigentlich über Eishockey Bescheid?", könnte die nächste Frage des zehnjährigen Jungen lauten. Spätestens dann kommt der Vater in Erklärungsnot.
Ich versuch es Ihnen kurz zu erklären Herr Mey.
Eishockey existiert in nur wenig veränderter Form schon seit mehreren hundert Jahren. Wurde es am Anfang nur in Ländern gespielt, die, aufgrund ihrer geographischen Lage, über genügend natürliche Eisflächen verfügten, hierzulande wohl hauptsächlich im äussersten Süden, wurde mit der Erfindung von Kunsteis, diese Sportart auch in Ländern ohne dauerhaft zugefrorenen Seen eingeführt. Schon immer galt Eishockey als emotionsgeladen, was hauptsächlich daraus resultiert, dass sie selbst zu heutigen Zeiten, in denen alle 4 Tage eine neue Modesportart erfunden wird, als die schnellste Mannschaftssportart der Welt zählt. Regelmäßig kam es dabei zu körperlichen Auseinandersetzungen. Diese gibt es auch in anderen Sportarten, wie zum Beispiel dem, von Ihnen Herr Mey sicherlich verteufelten, Rugby, aus dem übrigens der Fussball hervorgeht. Im Eishockey ist jedoch, oder sollte ich besser sagen war?, körperlicher Einsatz essentiell und Gott sei Dank regeltechnisch noch nicht völlig verboten. Aus diesem Grund erfreut sich das Publikum auch an einem gut ausgeführten Bandencheck oder sieht ein Kugelcheck auch so spektakulär aus.
Aber anstatt das man, wie beim Rugby geschehen, eine zweite Sportart ableitet, um die körperlichen Ausseinandersetzungen regeltechnisch besser zu trennen, wird im Eishockey seid Jahren alle paar Monate eine neue Regel eingeführt, um die Sportart dem zart besaiteten Fernsehpublikum, das aus oben genannten Gründen nicht zu dem seid Jahrzehnten eingefleischtem frenetischen Stammfans dieser Sportart zählt, näher zu bringen.
Nein, Herr Mey, Eishockey ist im Gegensatz zu den skandinavischen oder noramerikaischen Ländern in Deutschland kein Volkssport, sondern leider nur eine Randsportart. Aus diesem Grunde finde ich es geradezu lächerlich, wenn Sie sich über ein Spielgeschehen aufregen, das in den Ursprungsländern als fester Bestandteil dieser aufregenden Sportart gezählt wird. Aber in Deutschland, DER Hochburg des Eishockeys?, müssen natürlich andere Regeln gelten, wie in den Mutterländern des Kufensports.
Das wäre so, als wenn der US-amerikanische Fussball-Verband ab sofort den fliegenden Wechsel von Spielern einführen würde, nur damit sich der Fussball dort besser an die bestehenden Massensportarten anpassen lassen würde.
Schlägerreien und Reibereien gehören zum Eishockey, wie der K.O.-Schlag zum Boxen. Es geht ohne, aber mit, ist es sicherlich interessanter.
Aufgrund der Schnelligkeit des Spiels, sind die Emotionen schneller und erhitzter als bei einem, für Leute wie Sie, anscheinend durchaus spannenden Synchronhallenhalmafinales. Um diesen Emotionen Luft zu machen, lag und liegt es schon immer nahe auch seinen Körper nicht nur spielerisch einzusetzen. Wobei hier ein Problem sein soll, haben anscheinend beim Spiel Köln gegen Ingoldstadt, Sie Herr Mey als einziger gesehen. Den 10 jährigen Jungen, den sie angeblich gehört haben wollen, nehme ich ihnen schon aus Gründen des Lärmpegels nicht ab.
Anstatt das Sie in ihrer Kolumne über die stätige Verwässerung, durch andauernde Regeländerungen, dieses Sports und dem damit verbundenen schleichenden Zuschauerrückgang schreiben, stelle Sie genau das in Frage, was schon immer einen großen Reiz am Eishockey ausgemacht hat und für meinen Großvater geradezu das Salz in der Suppe war. Sie schreiben genau diesen Herren in die Hände, die Eishockey zum, im neudeutschen ausgedrückt, "Event" mit Lasershow, Gewinnspielen und Champagnerempfang machen wollen und sich dabei in keiner Weise fragen, was diese Sportart ausmacht, warum die Fans früher in die Stadien und Arenen gepilgert sind und heute die Vereine über Zuschauerschwund klagen. Wenn Eishockey eventuell mal nach Ihren Regelvorstellungen verläuft, wird ein Jewgeni Pluschenko oder Anni Friesinger die besten Eishockeyspieler sein und die Hallen leer! Und davor möge uns der Eishockeygott bitte bewahren.
Mit Ihrem Artikel haben Sie nur bewiesen, dass Sie von Eishockey und seiner sportlichen Tradition keine Ahnung haben. Im Grunde kein Problem, schliesslich wird sowas ja nicht automatisch in Deutschland vorausgesetzt. Peinlich dagegen wird es, wenn man diese Unwissenheit in der Funktion eines Kolumnenschreibers bei einem Sport-Portal öffentlich kundtut. Da hätten Sie sich lieber nach dem Sprichwort verhalten, "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!". Wobei, das ist ja auch so eine alte Tradition, die heutzutage nicht mehr besonders verbreitet und gefragt ist.
In diesem Sinne und freundlichen Grüßen,
Jan Groener