http://www.haz.de/var/storage/images...rtikelQuer.jpg
Roland Emmerich und Lars von Trier vertrauen ja gerne auf die Ausdruckskraft des Bildes. Und was liegt näher als ein Katastrophenfilm bzw. Weltuntergangsepos? "Melancholia" ist jedoch von einem Emmerich-Film weiter als eine Galaxie entfernt. Wo Emmerich Action als unverzichtbares Stilmittel benutzt, um den Plot voranzutreiben und die CGI immer etwas üppiger sein darf, erzählt von Trier nicht weniger bildgewaltig, jedoch langsam und ruhig. Auf technische Spielereien wird nur zurückgegriffen, wo es zwingend erforderlich ist. Manche mögen die langsame Erzählweise als langatmig empfinden, aber der der Film braucht die Ruhe und die Zeit, auch wenn der ein oder andere Dialog verzichtbar war.
Was oberflächlich nach Sciece Fiction aussieht, entpuppt sich als psychoanalytisches Melodram, erzählt aus der Sicht von zwei Schwestern. Justine (Kirsten Dunst) ist depressiv und zutiefst melancholisch. Ihre Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg) funktioniert auf eine triviale Weise in ihrer heilen Welt und unterstützt ihre Schwester, so gut sie eben kann. Nicht ohne sie häufig zu überfordern und das Verhältnis zu belasten.
Kurz nach der Hochzeit von Justine mit ihrem frisch angetrauten Michael, ist diese bereits wieder geplatzt. Justine zieht, von immer stärkeren Depressionen geplagt, auf das Anwesen ihrer Schwester, während ein außer Kontrolle geratener Planet auf die Erde zurast und diese möglicherweise zerstört. Als das drohende Unheil nicht mehr vermeidbar erscheint, zeigt sich, wie die kranke Justine immer fatalistischere Züge annimmt und beinahe heiter wirkt, während die pragmatische Schwester zu verzweifeln droht. Der Ehemann von Claire (Kiefer Sutherland) ist Wissenschaftler, kapituliert vor den falschen Berechnungen und nimmt sich mit einer Überdosis das Leben, die seine Frau für sich besorgt hat. Und schlussendlich gibt es den Sohn, der sich an das Versprechen klammert, Justine könne alle durch den Bau einer Schutzhöhle vor einer Katastrophe bewahren.
Am Ende sind die beiden Schwestern und der Sohn in Erwartung an das Ende vereint, jeder mt einem anderen Gefühl. Angst, Zuversicht oder Gleichgültigkeit beeinflussen nicht das Geschehen, jedoch den Umgang mit selbigem.
Alleine die Eröffnungssequenz mit vorweggenommen Untergangsszenen in Slow Motion, ist atemberaubend. Kirsten Dunst spielt grandios und hat für diese Rolle vollkommen zurecht die silberne Palme als beste Darstellerin gewonnen. Musikalisch sorgt Richard Wagner für eine Stimmung, die keine Visualisierung über Blue Screen treffender schaffen könnte. Ein Film, der erst so richtig wirkt, wenn er vorbei ist. Großartig.
Lars Von Trier ist natürlich kein Nazi, auch wenn er sich Cannes mit seinem Verständnis für Hitler mächtig daneben benommen hat und wohl auch zu Recht von den Filmfestspielen ausgeschlossen wurde. Dem Film soll das bitte nicht schaden. "Melancholia" ist nicht annähernd so provokant wie der Vorgänger "Antichrist", der dem Zuschauer über weite Strecken schon arg an die Ekelgrenze ging. Melancholia ist sensibel, dunkel, heiter und lässt einen nachdenklich zurück. Der Tod verliert seinen Schrecken, je dichter man davor steht. Wenn jetzt einer um die Ecke kommt und findet den Film fürchterlich langweilig, dann hat er vermutlich auch Recht.
Dies ist kein Action-Film!!!