Sorry, habe ich erst jetzt gesehen. Ist mein Thema, da "meine" Strecke. Ich versuche das mal halbwegs einfach und schnell zu erklären. Das Thema Bahnübergänge ist nämlich ein durchaus kompliziertes, bei dem auch erfahrene Lokführer gerne mal in ne Falle tapsen. Und generell muß man vorausschicken, daß Auto- und Fahrradfahrern, sowie Fußgängern an Bahnübergängen ALLES zuzutrauen ist. ALLES! Und da haben wir noch nicht von Reitern und Motorradfahrern geredet
Also zuerst einmal gibt es eine ganze Reihe von unterschiedlichen Bahnübergängen (im weiteren Verlauf BÜ genannt). Größte Unterteilung: Technisch gesicherte BÜ und nicht technisch gesicherte BÜ. Nach Füssen hoch, haben wir ab Marktoberdorf eine Unmenge an zweiterem. Ist das Sichtdreieck da nicht groß genug wird gepfiffen (um gleich die Frage mit zu beantworten, warum wir an manchen BÜ ohne Schranken Krach machen, an anderen nicht). Diese Bauart können wir schnell zu den Akten legen, denn das war ja nicht die Frage. Und da ist es auch ganz einfach: Der Schienenverkehr hat Vorrang. Ist der andere Verkehrsteilnehmer ein Depp - dann knallt es. Vmax hier ist 80 km/h für den Zug (generell auf Strecken des Zugleitbetriebes. Darunter fällt die Strecke Marktoberdorf-Füssen).
Zweitens haben wir bei den beschrankten BÜ eine Unterteilung in lokführerüberwachte Anlagen, fernüberwachte Anlagen und signalgesteuerte Anlagen. Technisch gesichert bedeutet übrigens nicht zwangsläufig mit Schranken. Das nur am Rande. Nach Füssen hoch haben wir lokführerüberwachte Anlagen. Da wird nach Überfahren durch den Zug, innerhalb einer sogenannten Einschaltstrecke, die Prozedur ausgelöst. Blinklicht geht an, Schranken senken sich, der Triebfahrzeugführer bekommt ein Lichtsignal, daß der BÜ befahren werden darf. Und nu gibt es zig Fälle die auftreten können.
Standardfall: Ich bekomme das Lichtsignal nicht, der BÜ ist aber gesichert (Schranken unten, Rotes Blinklicht, ungeduldige Autofahrer stehen davor). Ich betätige eine Wachsamkeitstaste um zu quittieren, daß ich gesehen habe, daß ich keine Freigabe am Signal bekommen habe. Die Punktuelle Zugbeeinflussung (PZB) springt an, ein 1000Hz-Magnet am Signal schaltet die PZB an - ich kann nun technisch höchstens noch 85 km/h fahren. Sobald ich vor dem BÜ stehen bleibe (ich muß das, denn der BÜ ist ja in irgendeiner Art und Weise gestört und könnte auch spontan auf gehen) wird meine PZB Überwachung restriktiv und ich kann technisch nur noch 45 km/h fahren. Diese Bahnübergänge haben entweder eine HET (Hilfseinschalttaste) oder eine Automatik-HET. Bei zweiterem - Glück gehabt. Anhalten, de BÜ sperrt sich eine gewisse Zeit selbst - weiterfahren. Das haben wir kurz nach Marktoberdorf. Der Rest sind normale HETs. Bedeutet: Federspeicher (quasi die Handbremse) rein, Luft aus der Bremse ablassen, Führerpult abmastern, Schlüssel abziehen, Fahrerausstieg öffnen, Führerhaus verlassen, Tür absperren. Zur ersten Tür rechts raus, Irgendwas in die Lichtschranke reinlegen, daß die Tür offen bleibt. Manchen Fahrgästen bedeuten, daß sie nicht aussteigen sollen, obwohl man es vorher durchgesagt hat (Dumme Stöpsel in den Ohren, des Deutschen nicht mächtig oder einfach doof). Dann aussteigen (da geht es teilweise ganz schön tief runter - da muß man vorsichtig sein), Schlüssel in die HET und drehen. Nun alles wieder rückwärts + Führerraumbremsprobe. Alleine das Luft in die Bremsleitungen füllen kann mal 30 Sekunden dauern. Dann fahren wir los. Sollten die Schranken mit dem Schlüssel nicht zugegangen sein, mit Pfeiffen. Und zwar mit Schrittgeschwindigkeit bis zur Mitte des BÜ. Dann ja auch erstmal mit max. 45 km/h, in Sonderfällen auch mal nur 25 km/h (Aktuell ist das so zwischen Seeg und Weizern-Hopferau wegen der Gleisverwerfung wegen Hitze). Da ich mir vor geraumer Zeit mal offiziell einen zweiten Schlüssel geholt habe, fallen bei mir einige Schritte aus. Den zweiten Schlüssel haben aber nicht alle, Leihlokführer nie. Und da bei uns die Zugbegleiter keine betrieblichen Aufgaben übernehmen dürfen, muß der Triebfahrzeugführer selbst aussteigen und den Schlüsselschalter betätigen.
Und das ist jetzt nur ein möglicher Fall und das Procedere dazu. Liegt z.B. eine Einschaltkette vor und nur ein BÜ der Kette ist gestört, muß die Prozedur an JEDEM der verketteten BÜs abgearbeitet werden.
Und zur Häufigkeit: Diese SZB-Einrichtungen sind ca. 60 Jahre alt. Da wird mit Relais und Röhren bzw. Transistoren gearbeitet. Das ist bei Wetterumschwüngen und/oder längerer Hitze oder Kälte, enorm Störungsanfällig. Die BÜ-Technik ist teilweise noch älter. Baut in Füssen oben jemand Mist, ist der BÜ so lange zu bis ein Techniker kommt. Da kommt Freude auf. Warum das alles so ist, wäre in der Politik nachzufragen. Das ist ne Nebenstrecke und sollte ganz geschlossen werden. Nur weil man diese einfache Technik verbaut hat, fährt man da überhaupt noch. Zugleitbetrieb war der Retter vieler Nebenbahnen.
Leider können wir aktuell keine Führerstandsmitfahrten anbieten - ich würde gerne den einen oder anderen einladen. Die Sicht auf die Eisenbahn würde sich ändern.
Ich hab jetzt sicher einiges auf die Schnelle vergessen und ich habe manches bewusst unterschlagen. BÜ-Technik und -Regeln sind mehrwöchiges Thema in der Ausbildung. Das ist ziemlich vertrackt.