Netze an den Längsseiten #0 28.09.2004, 15:25
Bericht aus der Stadionzeitung vom kommenden Freitag, 01.10.2004
Netze an den Längsseiten
Die DIN Norm von 1992 und ein Urteil des OLG Hamburg erfordern die Netze an den Längsseiten
Als Geschäftsführer der Eisstadion Bad Tölz Betriebs GmbH hätte ich lieber einen Rückblick auf die vergangenen Veranstaltungen und ein Ausblick auf die Zukunftsplanungen in der Hacker-Pschorr Arena zum Anlass genommen, in dieser Rubrik zu schreiben. Stattdessen möchte ich Sie jedoch über wissenswerte Details zu den neu angebrachten Netzen informieren, da mir die Brisanz und Strittigkeit hierzu durchaus bewusst ist.
Die aktuelle Rechtssprechung und die zu befürchtenden Auswirkungen auf die Betreibergesellschaften der Eishockeyarenen in der DEL und in den ESBG Ligen haben den Beirat der Betriebsgesellschaft der Hacker-Pschorr Arena und der TEG dazu bewogen, die umstrittenen Netze an den Längsseiten der Eisfläche nun doch zu montieren.
Ausschlaggeben war letztendlich eine aktuelle Rechtssprechung des OLG Hamburg. Hier wurde erstmals die DIN Norm 18036, welche die Norm für den Bau und die Sicherheit in deutschen Eisstadien regelt, herangezogen. Hier wird ein seitlicher Schutz oberhalb der Banden und Glasscheiben gefordert. Bemessungsgrundlage für die weitergehenden Schutzmaßnahmen ist eine gedachte Linie von der gegenüberliegenden Bande bis 2,30m über die letzte Rangreihe.
Sollte es ohne diese Sicherheitsmaßnahme zu einer Verletzung kommen, ist es aufgrund der letzten Rechtssprechung nun möglich, den Hallenbetreiber auf fahrlässige Körperverletzung zu verklagen.
Sicherlich wird gefordertes Schmerzengeld oder Schadensersatz von einigen Versicherungen getragen. Diese aber können nun diese Beträge mittels einer Klage wegen Nichtbeachtung der DIN Vorschriften zurückfordern.
DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke will mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) "einen fairen Kompromiss aus Sicherheit und Praktikabilität" erarbeiten. So plädiert der Spitzenfunktionär dafür, künftig - wie hinter den Toren - das gesamte Spielfeld mit 1,60 Meter hohen Plexiglasscheiben oberhalb der Werbebanden abzuschirmen, was einer Gesamthöhe von knapp drei Metern entspräche. Der Passus soll dann in die Statuten aufgenommen werden. Die bislang von einem allgemeinen Sachverständigenausschuss festgelegte DIN-Norm 18036 zum Schutz der Zuschauer finde sich nämlich, so Tripcke, bislang weder in den Satzungen des Weltverbandes IIHF noch der nationalen Organisationen wieder.
Die neue Regelung in Deutschland könnte frühestens 2005 in Kraft treten. Zudem werde den Klubs / Betreibergesellschaften wahrscheinlich eine weitere Übergangsfrist eingeräumt. Bis dahin tragen sie nach dem jüngsten Urteil verstärkt das Risiko für die Gesundheit ihrer Fans. Und es bleibt fraglich, ob mögliche weitere Fälle so problemlos abgewickelt werden können wie es Boris Capla, der Freezers-Geschäftsführer, im aktuellen Beispiel erwartet. "Das ist ein ganz normaler Vorgang", sagt Capla lapidar, "wir haben ihn an unsere Versicherung übergeben. Im Übrigen sind die Betreiber der Arena für die Konstruktion zuständig. Wir spielen dort nur Eishockey." So cool hatte man das auch in der amerikanischen NHL einmal gesehen. Erst nachdem eine junge Zuschauerin an einer Gehirnblutung starb, wurden dort im vergangenen Jahr Fangnetze hinter den Toren eingeführt.
Jörg Ontl
Eistadion Bad Tölz Betriebs GmbH