Ein Titel für das Vergessen
München - Der italienische Justizminister Clemente Mastella schließt eine Amnestie im Fußball-Manipulationsskandal nicht aus.
"Die Regierung kann sich in diese Angelegenheit nicht einmischen. Ich glaube aber, dass die Mehrheit der Tifosi diese Amnestie fordert. Als Fan frage ich: "Ist es richtig, dass Fabio Cannavaro, Alessandro Del Piero und viele anderen nach ihren Leistungen bei der WM in die dritte Liga landen?", fragte Mastella im Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera".
Maurizio Paniz, Parlamentarier der Forza Italia, der Partei unter Kontrolle des ehemaligen Regierungschefs und AC-Mailand-Präsidenten, Silvio Berlusconi, hatte vor einigen Wochen eine Amnestie für alle Angeklagten im Fußball-Skandal gefordert - vorausgesetzt, die italienische Nationalmannschaft erringt bei der WM in Deutschland den Titel.
Hitzige Reaktionen auf den Vorschlag
"Sollten wir die WM gewinnen, müssen wir eine Amnestie im Fußball überlegen", meinte Paniz. Der Vorschlag sorgte für hitzige Reaktionen.
Der Sprecher der Grünen, Paolo Cento, warnte vor einer Amnestie im Calcio. "Der Fußball braucht strenge Strafen, um wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen", sagte Cento. Gegen eine Amnestie hat sich auch Sportministerin Giovanna Melandri ausgesprochen.
Bizarrer Vorstoß der Verteidigung
Auch die Verteidigung des Hauptangeklagten Luciano Moggi hat die Teilnahme der einheimischen Nationalmannschaft am WM-Finale am Sonntag zu einem bizzarren Vorstoß genutzt.
"Moggi und auch Antonio Giraudo verdienen Ruhm für ihre Verdienste um die Squadra Azzurra und nicht, in diesem Verfahren angeklagt zu sein", erklärte Paolo Trofino als Anwalt von Juventus Turins Ex-Generalmanager Moggi: "Am Sonntag werden wir sehen, dass mehr als ein Drittel der Mannschaft, die gegen Frankreich um den WM-Titel spielt, von Moggi und Giraudo nach Turin geholt worden sind, wo sie zum Rückgrat der Squadra gewachsen sind. Wir werden außerdem Marcello Lippi als Trainer sehen, der auch schon Juventus trainiert hat."
Klubs droht Zwangsabstieg in Serie C
Im sachlicheren Teil seiner Ausführungen zu der Affäre, wegen der Rekordmeister Juventus sowie den weiteren Spitzenklubs AC Mailand, Lazio Rom und AC Florenz der Zwangsabstieg in untere Ligen droht, verwies Trofino auf ein "so diffuse Definition illegalen Verhaltens im italienischen Fußball, dass dieses als legal angesehen wird".
Zudem verlangte Moggis Rechtsbeistand die Einstellung des Verfahrens, weil die als Beweismittel vorgelegten Tonbänder von Moggis Telefonaten mit Schiedsrichtern "nur einen Teil seiner Gespräche" umfassen würden."
Dutzende von Klubchefs, Schiedsrichter und Spieler sind in den Sog des Manipulationsskandals geraten. Wegen der möglichen Manipulation der Meisterschaft 2004/2005 droht Rekordmeister Juventus Turin sogar der Zwangsabstieg in die Serie C.