Von Krolock hat geschrieben:Mal ehrlich und auf die Gefahr, das Gutmenschlein zu geben, wie kann man da eigentlich NICHT betroffen sein? Der unschuldige Tote ist deshalb egal, weil 12 Meter weiter rechts der Nächste stirbt? Und ob die hüben oder drüben ballern ist doch vollkommen egal.
Kann ich Dir nicht erklären, aber das ist für mich so weit weg, das ich davon einfach nicht betroffen bin.
Mich hat es noch nie kalt gelassen, wenn irgendwo Unschuldige abgeknallt werden. Auch nicht, wenn Menschen verhungern oder durch Autounfälle sterben. Fatalismus ist ein schlechter Ratgeber.
Auch wenn du mich wahrscheinlich so nicht eingeschätzt hättest, aber ich bin in solchen Fällen Fatalist. Ich weiß nicht wieso, aber ich lasse so etwas seit langer Zeit nicht mehr an mich ran. Vielleicht liegt es an meiner Zeit in Belize als ich von 3 Männern überfallen wurde und ein Messer an der Kehle hatte. Von meinem Chef hörte ich dann nur, geh halt abends nicht weg.
Warum sollen sich Menschen keine Gedanken machen, ob sie mit Anstrengung ihrer Hirne dazu beitragen können, vermeidbares Leid zu verringern? Wenn jeder einen Haufen auf alles gesetzt hätte, was den ganz normalen Alltag in einer von uns geschaffenen Welt betrifft, dann würden wir in einer anderen Welt leben. Als Autos erfunden wurden gab es kurz darauf Regeln, damit vielleicht ein paar weniger abkratzen. Für Krankheiten wurden Medikamente entwickelt und für eine vor die Hunde gehende Natur gibt es zumindest im Ansatz Gegenmaßnahmen.
Und alles passiert immer nur dann, wenn man mit der Nase darauf gestoßen wird. Und das ist Aufgabe der Medien. Man wirft den Medien vor, dass sie Geld mit einer Berichterstattung machen, die ihre oberste Aufgabe ist? Wofür sind sie denn da? Natürlich wollen die Quote und Geld. Die persönliche Betroffenheit kann doch jeder für sich selbst festlegen. Dass da einige übertreiben, wenn es um Sensationsrportagen geht ist doch das kleinste Problem. Tatsache ist aber, dass man immer nur dann Handlungsbedarf feststellt, wenn man das Geschehene sieht. Der erste Golfkrieg war ein Telespiel ohne Opfer. Niemand würde Geld gegen einen irgendwo auf der Welt stattfindenden Hunger in irgendeiner Ecke dieser Welt spenden. Man muss ja nicht vor lauter Betroffenheit auf die Knie sinken, aber sich Gedanken zu machen kann ja nicht verkehrt sein.
Hier hast Du jetzt aber einiges zusammengeworfen.
Gedanken über Verbesserungen kann sich jeder machen, nur in dem Fall macht sich mMn die europäische Bevölkerung oder Foristen hier umsonst Gedanken, weil wir sowieso nichts ändern können. Wie hier schon mehrere geschrieben haben, handelt es sich dabei um ein gesellschaftliches Problem welches nur mit einer Gesetzesänderung nicht zu lösen sein wird, da geht es um die Einstellung. Diskutieren kann man darüber natürlich trotzdem.
Zu den Medien, natürlich sollen sie darüber berichten, aber das wie ist doch das Erschreckende. Den Fall selbst habe ich nur durch Zufall entdeckt, weil die Sat Box noch auf N-TV stand als ich den TV gegen 22.15 angeschaltet habe. Ich habe mir das dann ca. eine halbe Stunde angeschaut/-gehört und fand das einfach nur noch katastrophal.
Im 5 Minuten Rhythmus, wenn überhaupt so lang, wurden die gleichen Bilder gezeigt, ständig von neuen Erkenntnissen gesprochen, die es nicht gab und die Krönung zum Schluß, die Moderatorin wechselt in einer Bilder- oder Werbepause noch die Kleidung und trägt dann einen schwarzen Blouson. Die Wortwahl wurde auch immer dramatischer, war es Anfangs schlimm, später das schlimmste und zum Schluß das aller schlimmste Massaker.
Warum kann man da nicht sachlich darüber berichten? Warum diese Dramatik, die gar nicht mehr angebracht war, denn das eigentliche Ereignis war vorüber. Dem Zuseher wird suggeriert, daß es noch schlimmer wird und noch mehr passiert.
Wieso kann man nicht unaufgeregt über ein Ereignis berichten ohne Superlative?
Von mir aus unterbricht man nicht die laufende Doku für 5 Minuten mit den Schlußworten, bei Neuigkeiten halten wir Sie auf dem Laufenden.
Das News Laufband ist doch sowieso immer da, das würde reichen.
N24 hat übrigens nicht unterbrochen und nur im Laufband informiert.
Man sehnt sich nach der Art der Nachrichtenverbreitung von vor dem Privatfernsehen.
Das Gutmenschlein verfolgt zwar vollkommen andere Ziele, aber wenn ein Gutmenschlein deshalb Gutmenschlein sein soll, weil einen sowas nicht kalt lässt, dann ist mir jedes Gutmenschlein lieber als ein kollektives who cares?
Akzeptiert, übrigens kenne ich ein Eishockeyforum wo das Wort Gutmensch zensiert ist.
Wer jemals mit einem Menschen telefoniert oder gesprochen hat, der sich oder andere wegmachen will, der hat einen Kloß im Hals.
Das wird mir im Gegensatz zu Dir, mit 99,9% Wahrscheinlichkeit, nie passieren.
Wer jemals mit einem Angehörigen geredet hat und dann immer noch meint, es wäre alles egal, dem ist nicht mehr zu helfen.
Ich versuche das mal in meinen Bekanntenkreis ein zu ordnen, als ich 6 Jahre war lief ein Freund vor ein Auto und starb, der war einfach weg und man hat es nicht verstanden. Es war aber auch noch die Zeit, als man im Deuringer Wald auf Tannenbäume geklettert ist und es lustig fand wenn man aus 6-7 Metern runter fiel und nichts passiert ist. Mit den Eltern hatte ich da nicht viel zu tun.
Mit 12 ist ein Mitschüler an Krebs erkrankt und ca. 1 Jahr später gestorben. Das war hart, vor allem weil er zwischendurch mit nur noch einem Arm wieder im Unterricht war. Auch hier hatte ich danach wenig mit den Eltern zu tun.
Ein Freund aus jungen Jahren ist leider nicht beim Kiffen geblieben, sondern hat alles ausprobiert, Alkoholiker war er auch. Dem habe ich später versucht zu helfen in dem ich ihn bei mir aufgenommen habe und eine Arbeit gab. Leider kannst du als einzelner einem solchen Menschen kaum helfen, diese Erfahrung tat mir weh. Als ich mit seiner Familie nach seinem Tod gesprochen habe, wurde zwar getrauert, aber man hat es irgendwo erwartet.
Das ist eben in meinen Augen der Punkt, mit der Geburt beginnt die Uhr zu laufen und jede ist anders eingestellt, beim einen länger, beim anderen kürzer.
Das ist fatalistisch, aber kann ich es ändern?