Die NHL-Legende Claude Lemieux (3

könnte am Freitag in Zug debütieren. Seine gestrige Reise in die Schweiz stand allerdings unter keinem guten Stern.
Kein Witz: Claude Lemieux trainierte gestern kurz nach 12 Uhr erstmals mit dem EV Zug - keine 60 Minuten nach der Landung in Zürich-Kloten. An diesem vermeintlich knappen Timing war die kanadische Eishockeylegende unschuldig. Seine Abreise aus Dallas war mit zweieinhalbstündiger Verspätung erfolgt und erst im zweiten Versuch gelungen. Beim ersten Start des Linienflugzeugs war eine Turbine explodiert…
Dass einer der weltbesten Eishockeyspieler aller Zeiten überhaupt mit Zug in Kontakt gekommen ist, hat mit den sehr guten Beziehungen von EVZ-Assistenztrainer Colin Muller zu Dusan Benicky zu tun. Dieser zählt in Nordamerika zu den grössten Eishockeyexperten und zu den vertrauensvollsten Vermittlern.
Probezeit für einen Weltstar
Vereinbart ist mit Lemieux, dass er vorerst eine Probezeit von einer Woche absolviert. Probetrainings für einen Weltstar in der Schweiz? Lemieux selber liefert die Erklärung: «Ich war lange Zeit an der Leiste verletzt und hatte seit mehr als einem halben Jahr keinen Ernsteinsatz mehr. Aufs Eis kehrte ich erst in diesem Jahr zurück.»
Diese unerwartet lange Verletzungspause zwang die Dallas Stars, die Lemieux vor rund einem Jahr von den Phoenix Coyotes übernommen hatten, ihn aus dem laufenden Vertrag auszubezahlen. Durch dieses «Buy-out» wurde der vierfache Stanley-Cup-Sieger zum «Free Agent» (freier Spieler) und für den EV Zug zum Thema: «Meine Liebe zum Eishockeyspielen erlosch nie. Deshalb suchte ich bereits im November einen Klub in Europa. Vor zehn Tagen kam die Anfrage vom EV Zug - und hier bin ich. Vielleicht beginnt in Zug meine zweite Eishockeykarriere», freut sich der bald 39-Jährige, der, sofern die Trainings für alle Beteiligten zufrieden stellend verlaufen, bereits am Freitag im Heimspiel gegen die ZSC Lions erstmals (und vorerst bis Ende Saison) für den EV Zug spielen wird.
«Meistgehasster Spieler der Liga»
Die Statistik der 20-jährigen Karriere von Claude Lemieux, der im Übrigen nicht mit Mario Lemieux verwandt ist, liest sich wie eine Sammlung von Eishockeysuperlativen: 4 Stanley-Cup-Siege (wie Wayne Gretzky), 1430 NHL-Spiele, 459 Tore, 484 Assists. Seine 2285 Strafminuten trugen ihm den inoffiziellen Titel «meistgehasster Spieler der Liga» ein. 1995 war er - ganz offiziell - wertvollster Spieler (MVP) in den Play-offs und wurde mit der Conn Smythe Trophy ausgezeichnet. Zudem ist er in der Ewigen-Rangliste der Game-Winning-Goals in den Play-offs mit 19 Toren auf dem 3. Rang. Ebenfalls Platz 3 nimmt der rechte Flügelstürmer in der Ewigen-Rangliste der meisten Strafminuten (529) in den Play-offs ein. Dennoch bleibt der Haudegen bescheiden: «Ich bin kein Superstar. Niemand sollte sich als Superstar fühlen.» Bloss: Ein Spieler dieses Prädikats hat noch nie im Schweizer Klubhockey gespielt. Doug Gilmour hatte kein so grosses Renommee, und Vergleiche mit Bykow/Chomutow hinken, weil die Russen nie in der NHL spielten.
Finanziert durch Private
Über finanzielle Aspekte dieses Transfercoups, der den nach einer Diskushernie-Operation rekonvaleszenten EVZ-Sportchef das streng verordnete Krankenbett verlassen liess, gab esweder offizielle noch inoffizielle Angaben. Nur so viel sickerte durch: Lemieux wird von Privatpersonen finanziert, die gemäss Geschäftsführer Roland Wyss «dem Klub sehr nahe stehen». Auf die Frage, wie viel er denn zu seinen besten Zeiten pro Saison verdient habe, antwortet Lemieux: «4 Millionen US-Dollar.» Das sind über 5 Millionen Schweizer Franken. «Doch so viel, wie sein Name vermuten lässt, kostet er uns nicht», bemerkt Neuenschwander. Das hat Folgen. Eine ist wohl eine ausverkaufte Hertihalle am Freitag gegen die ZSC Lions. Eine andere ist die Perspektive des EVZ mit Lemieux als viertem Ausländer, die Colin Muller so umschreibt. «Claude hat eine beispielhafte Einstellung, viel Erfahrung und einen unbändigen Kampfgeist. Das kann einem Team helfen, eine schwierige Phase erfolgreich zu überstehen. Und», fügt er sogleich an, «die Play-offs zu erreichen.»
Alles andere wäre, mit Verlaub, ein Witz.
Von Patric Stalder Neue Zuger Zeitung