Frederic Chabot: "Wollte schon lange ein Adler sein"
Mannheim, 29. September
Frederic Chabot hat sofort zugegriffen, als die Adler riefen. Er war im Gespräch mit einem russischen Team ("das Geld wäre dort sehr gut gewesen") und auch aus der DEL hatten andere Clubs bei ihm angeklopft, doch auf die Chance in Mannheim hatte er lange gewartet. Jetzt ist er ein Adler und er will das beweisen. "Als Torwart musst du nicht immer einen perfekten Tag haben, das geht gar nicht", sagt er, "aber du darfst nie einen schlechten haben".
Chabot ist ein besonnen wirkender, ungemein höflicher Mensch. Er überlegt, bevor er spricht und er hat einen feinen Humor. Aber er weiß genau, worauf es ankommt in seinem Job. Er setzt sich ein und er möchte jedes Spiel gewinnen. Aufgeben, wenn man zurückliegt, ist seine Sache nicht, er nimmt sich Niederlagen zu Herzen, locker darüber hinweggehen kann er nicht, obgleich er aus den Jugendtagen, wenn einen alles niederdrückte, gelernt hat. Auch, dass man ein schlechtes Spiel einfach mal abhaken muss und sich auf das nächste konzentrieren. Trotzdem: Immer das Beste geben ist seine Devise, auch wenn im September keine Blumentöpfe gewonnen werden, sondern im April.
Eishockey, das war von klein auf das Leben des Jungen, der am 12. Februar 1968 in der Nähe von Quebec geboren wurde. Schon mit drei Jahren guckte er Spiele im Fernsehen, bewaffnet mit einem Baseball und einem Stock und fegte durchs elterliche Wohnzimmer, "ich hab alles nachgemacht, was ich auf dem Bildschirm gesehen habe". Sieben Schwestern und drei Brüder hat er, allesamt supersportlich. "Ich war das Baby", lächelt Chabot und berichtet, dass er alle Unterstützung von der Familie bekommen habe. Er wollte immer Goalie werden, die Verantwortung reizte ihn, die Rolle, dass man die Übersicht behalten musste und Spiele teilweise entscheiden konnte. Doch erst musste er stürmen, dann verteidigen, "da war ich gar nicht mal schlecht". Nur, weil ein Torwart mal schlecht drauf war, durfte der damals 10jährige Chabot einspringen, er überzeugte sofort, "seither bin ich Goalie".
Richtig gut sei das mit der Karriere geworden, als er 17 Jahre alt war. Von unten sprang er gleich ganz nach oben in die NHL, nachdem er mit seinem Juniorenteam die Meisterschaft gewonnen hatte. Sein Weg führte ihn unter anderem nach Montreal, nach Los Angeles, nach Houston in Texas, nach Florida, in Farmteams und in die höchste Liga. Es war ein ewiges Umziehen und auch ein ewiges Bangen, "ich war ganz oben immer nur der dritte Mann", sagt er, von einem Tag auf den anderen konnten sich die Dinge verändern, "irgendwann wird man sehr müde dabei".
Als er noch ganz unten war, lernte er seine spätere Frau Susanne kennen, ebenfalls eine Franko-Kanadierin, die mit Eishockey überhaupt nichts am Hut hatte. Die studierte Innenarchitektin murrte dennoch nicht, als sie ihren Beruf aufgab und ihm folgte. Weiß er eigentlich, was das vielleicht für ein Opfer war? Er denkt nach: "Heute schon, damals nicht, da waren wir einfach nur froh, zusammen zu sein." Später einmal, da möchte seine Frau wieder einsteigen in den von ihr heißgeliebten Beruf, sich sogar selbstständig machen.
Das aber ist erst nach Karriereende, vorher hat auch Gabriel ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Der Neunjährige ist das ein und alles seiner Eltern, die seither wissen, wo die Prioritäten im Leben liegen. Susanne hatte es nicht leicht, als der Kleine auf die Welt kam. Sie war alleine in
Cincinatti, wo Frederic damals spielte und sie musste bis 15 Minuten vor der Geburt warten, bis ihr Mann herbeieilen konnte. Da war die Qual fast
ausgestanden, und der Spieler konnte sein Kind innerhalb kürzester Zeit in den Arm nehmen.
Irgendwie spielte vieles mit, als Chabot sich entschied, den Weg nach Übersee anzutreten. Mit Stephane Richer hatte er schon gespielt, Dave Tomlinson kannte er recht gut, Mannheim war ihm in höchsten Tönen empfohlen worden. Doch die Adler hatten gerade eine Meisterschaft gewonnen, Mike Rosati, der Publikumsliebling und Super-Goalie saß fest im Sattel, da war kein Bedarf für einen neuen Mann.
So heuerte Chabot in Nürnberg an. Der Familie ging es dort gut, die Fans waren in Ordnung, man fand schnell gute Freunde, der Sohn ging in eine gute Schule. Unter drei Trainern hat Chabot gespielt in der Frankenmetropole: Murdoch, Poss und Schmidt. Wobei ihm Letzterer in bester Erinnerung ist: "Mike ist genommen worden, weil man nicht mehr Geld zahlen wollte für einen erfahreneren Coach", sagt Chabot, "und ich finde, er hat seine Sache großartig gemacht". Der besonnene Goalie kommt fast ins Schwärmen, wenn er von Schmidts Einsatz, von seinem Herzblut, das er fürs Eishockey hatte, von seiner absoluten Ehrlichkeit, berichtet. In der Saison, erzählt er, habe man ein kleines Team gehabt, manchmal nur 14 Spieler, aber einer hätte sich bedingungslos für den anderen eingesetzt. Wie der Trainer auch. Die Unterstützung von oben, die habe allerdings gefehlt. Chabot erinnert sich an eine Siegesserie von elf Spielen, "nach dem elften hat dann mal irgendjemand gesagt, das sei recht gut gewesen", meint der Spieler, "wir haben fast nie irgendwelche Anerkennung bekommen".
Das war das Jahr, als die Nürnberger gegen die Mannheimer verloren im Viertelfinale. Daher rührt auch das Gerücht, Chabot halte in den Play Offs nicht, was er in der Vorrunde verspräche. Das stimmt nicht, verteidigt der sich, "die Adler waren einfach besser und cleverer". Übrigens hat er längst das Kriegsbeil mit Rene Corbet begraben, den er damals hart anging, weil er immer und immer direkt vor ihm stand und ihn teilweise massiv behinderte. "Ich habe Rene als Spieler lange beobachtet", lacht Chabot heute, "er spielt einfach so. Es ist wunderbar, ihn auf seiner Seite zu haben, als Gegner ist er teilweise furchtbar".
Noch ein Argument, das gegen eine Play Off Schwäche spricht: Mit Wien wurde Chabot in der vergangenen Saison Meister. Kein Wort von Sdhwäche, er hielt, was teilweise nicht zu halten schien. Und spielte übrigens mit einem guten alten Bekannten der Mannheimer: Mit Dieter Kalt. Wenn er von Kalt spricht, strahlt Chabot.
Und jetzt also die Adler, die Chance, in der ersten Arena-Saison mit aufzulaufen. Chabot freut sich über den Erfolgsdruck in der Quadratestadt
und findet ihn vollkommen richtig: "Wir müssen jedes Spiel unbedingt gewinnen wollen." Stephane Richer ist hochzufrieden mit dem Goalie: "Ich
kannte ihn ja schon lange und ich wusste, er ist die Verstärkung, die wir brauchen."
(Angelika von Bülow - Foto: City-Press)
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