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AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 02.09.2020 16:16
von djrene
Den Aufruf zum "Sturm auf den Reichstag" habe ich bereits vor der zwischenzeitlichen Absage der Demo wahrgenommen.



Hier ein Text von einem mir unbekannten Menschen, den ich recht treffend finde. Das angesprochene Foto vorab (und wer mal wieder zu faul ist den ganzen Text zu lesen, es geht nicht im Speziellen um diese Paar, aber es ist der Aufhänger. Das sind auch die Menschen, die dann von "Frontalaufnahme" schwafeln, aber anderen das Smartphone mitten ins Gesicht halten, könnte ja was falsches dabei rüber kommen. Die Frau hat sicher nur "Guten Tag" gesagt, wie man ihrem Hasserfüllten Gesichtsausdruck entnehmen kann. Ich empfinde für solche Menschen nur Verachtung)
Der Dateianhang 118705339_10157910400278264_1405318626884549731_n.jpg existiert nicht mehr.
Text ab hier: (Autor, dank Hinweis Hasnain Kazim)

Heute habe ich dieses Foto gesehen von der "Corona-Demonstration" in Berlin am Samstag. Es macht mich fertig. Das Bild von der Nachrichtenagentur Reuters, veröffentlicht unter anderem von der "Tagesschau", zeigt ein Paar, vielleicht Mitte sechzig Jahre alt. Sie trägt einen Zettel mit der Aufschrift "Lieber tot als ein ganzes Leben in Angst!!!", er hält - typische Geste der Wutbürger heute - den Polizisten sein Smartfon ins Gesicht, offensichtlich filmt er sie. Mir geht es nicht um konkret dieses Paar, sondern um diesen Typus Mensch. Deshalb habe ich ihre Gesichter geschwärzt. Dieser Typus taucht inzwischen bei "Pegida" auf, er wählt "AfD", bereitet also mit voller Absicht Nazis den Weg an die Macht, demonstriert jetzt gegen die Corona-Maßnahmen.
Mich macht das, wie gesagt, fertig.
Das sind nämlich Leute von nebenan. Ganz normale Leute eben. Er trägt ein gut gebügeltes Hemd und hat eine Trillerpfeife um den Hals (als ob man damit in einer zivilisierten Gesellschaft kommuniziert), sie trägt Perlenkette und Perlen im Ohr. Beide sehen, nun ja, recht wohlgenährt aus. Es geht ihnen besser als Milliarden von anderen Menschen. Wahrscheinlich besitzen sie ein Auto, vielleicht sogar mehr als eins, wahrscheinlich fahren sie einmal im Jahr - mindestens - in den Urlaub und glauben, das sei ihr gutes Recht, das hätten sie sich verdient. Wahrscheinlich kommen sie aus einer Rundum-sorglos-Vollkasko-versicherten Welt, mit Eigenheim und Rentenansprüchen. (Es geht mir, noch einmal, nicht um die konkret abgebildeten Personen, die kenne ich nicht.)
Natürlich dürfen solche Leute Ängste haben. Jeder Mensch hat Angst. Sie könnten sagen: "Ich habe Angst." Vor Corona. Oder vor den Folgen der Corona-Maßnahmen. Oder vor der Globalisierung. Oder vor der Digitalisierung. Oder vor Bedeutungsverlust. Oder vor dem Altern. Oder vor Menschen, die anders aussehen, anders leben, anders sprechen, anders glauben, anders lieben als sie selbst.
Dann könnte man ihnen antworten: Gut, lasst uns über eure Ängste reden. Lasst uns eure Ängste behandeln. Lasst uns professionelle Hilfe holen für eure Ängste, um diese Ängste abzubauen. Und lasst uns Maßnahmen treffen, wo Ängste begründet sind.
Aber diese Leute erpressen uns. Sie brüllen uns an, unter dem Vorwand, man würde sie sonst nicht hören. Es ist ihnen egal, dass sie mit Extremisten und Verrückten aller Couleur Seite an Seite stehen und marschieren. Dass sie gemeinsame Sache machen.
Allein in der Formulierung "Lieber tot…" liegt eine Erpressung. Sie wollen provozieren, dass jemand sagt: Tja, dann sterbt halt! Aber natürlich wünschen wir ihnen das nicht. In einer zivilisierten Gesellschaft wünschen wir niemandem den Tod. Aber wer sagt: "Lieber tot…", will kein Gespräch, will keinen Austausch, will nicht zuhören, will keine Argumente zur Kenntnis nehmen. Ihren - oft abstrusen - Forderungen geben sie einen (pseudo-)demokratischen Anstrich, indem sie das Etikett "Wir sind das Volk!" und "Widerstand!" dranheften. Übersetzt heißt das: Wage niemand, uns zu widersprechen, denn das wäre dann Diktatur!
Jeder Versuch, sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen, ist damit nach ihrer Definition ein Versuch, Demokratie zu unterdrücken. In ihren Augen gibt es nur eine Möglichkeit: die vollständige Umsetzung ihrer Forderungen. Abschaffung der Corona-Maßnahmen! Grenzen dicht! Abschiebung aller Flüchtlinge! Ausländer raus! Euro weg! Merkel weg!
Diese Masche hat "Pegida" sich zunutze gemacht, die "AfD" nutzt sie, jetzt auch die "Corona-Demonstranten".
Und allen Ernstes sagen viele: "Wir dürfen diese Leute nicht abstempeln! Das sind nicht alles Nazis!" (Nö, aber sie stehen und gehen mit ihnen Seite an Seite, und es ist ihnen völlig egal.) Niemals würde es den Leuten, die diese „Demonstranten“ in Schutz nehmen, einfallen, auf die gleiche Weise für Salafisten und Islamisten in die Bresche zu springen - zu Recht! Aber hier tun sie es. Weil sie sich in ihnen selbst erkennen. Oder Mutti und Vati. Oder den Bruder, die Schwester, die Nachbarn, den Sohn, die Tochter, die Freundin, den Freund.
Und das macht mir eben Angst: Sehr, sehr viele Menschen in Deutschland sind so. Mir fehlt, dass es ein lautes, starkes, stabiles Dagegen gibt. Dass die Mehrheit, und zwar die große Mehrheit ihnen deutlich sagt: Die Masche von Extremisten bleibt die Masche von Extremisten! Und: So geht's nicht! Ihr grenzt euch selbst aus!

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 02.09.2020 16:27
von Dr. Strangelove
Der unbekannte Mensch heißt Hasnain Kazim und ist Autor. Kannte ich bisher auch nicht, aber wer so kluge Statements veröffentlicht, darf ruhig ein bisschen Internet-Fame bekommen.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 02.09.2020 17:53
von kottsack
Im letzten Abschnitt heißt es, es müsse ein lautes Dagegen geben.

Müssen ich und andere wirklich jeden Dünnschiss für voll nehmen, für den die hier auf die Straße gehen und mich darauf einlassen und meine Zeit dafür opfern, die diese Kasper offenbar im Überfluss zu haben scheinen? Muss ich mich jetzt auch, überspitzt formuliert, auch dagegen stellen, wenn einer rosa Flammingos auf dem Reichstag fordert? Die Forderungen von denen sind ähnlich sinnvoll - was sind die Forderungen eigentlich konkret? Ich glaube, die wissen das selbst nicht so genau.

Die fordern was, klar, aber die fordern auch meine und die Zeitverschwendung aller Leute und das ist die eigentliche Dreistigkeit von denen, denn wenn die nicht da ist, dann brüllt der Bodensatz wieder was davon, dass er das Volk sei und er wird am Ende auch noch gehört.
Ich geh die Woche arbeiten, habe diverse Verpflichtungen daneben, will irgendwann auch noch schlafen und Freizeit haben. Warum soll ich mir dieses kostbare Gut der Freizeit von diesen Deppen rauben lassen? Ich hab keinen Bock, am Wochenende nach Berlin hochzugurken und mich gegen diese Dummköpfe zu stellen. Mir ist das echt zu blöd, denn ich bin kein freiberuflicher Autor, der das von den Spesen absetzen kann und das zum Teil seiner Arbeit machen kann. Er hat natürlich mit allem, was er schreibt, Recht. Das will ich noch anfügen.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 02.09.2020 19:19
von djrene
Ein lautes Dagegen kann überall passieren. Da muß man nicht nach Berlin. Laut dagegen ist auch gegen die Andis in Foren, gegen den Rassismus am Arbeitsplatz, beim Bäcker, in der Straßenbahn. Diese Menschen das nennen, was sie sind. Mindestens Steigbügelhalter für Rechte Umtriebe.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 02.09.2020 23:38
von Saku Koivu
Ein lautes dagegen kann aber schnell zu großen Problemen führen. Wer mal wegen Nothilfe vor dem Richter stand und abgewatscht wurde überlegt sichs doppelt und dreifach ob er jemals wieder irgendwem zu Hilfe eilt oder sich einfach sagt "macht ihr euer Ding, ich mach meins".

Für mich hat sich die Sache erledigt. Das ist jetzt nicht nur auf Corona bezogen.

Okay, fliegst du mit deinem Auto ab und landest im Lech, dann bin ich der erste der hinterher springt. Kommst du in eine Schlägerei und ich lauf vorbei... sry, musst du selber regeln.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 03.09.2020 18:00
von DennisMay
Das ist abartig bzw. Bananenrepublik at his best.

Der Kurier (Zentralorgan der Türkisen, selbst die Chefredaktion wurde auf Wunsch dort ausgetauscht) hat von der SOKO Tape 7 Stunden Ibiza Video erhalten, der parlamentarische Untersuchungsausschuß hat es immer noch nicht.

https://www.derstandard.at/story/200011 ... -die-krone

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 04.09.2020 14:59
von kottsack
Polizei greift auf Gästelisten der Gastronomie zu:

https://www.sueddeutsche.de/bayern/baye ... obal-de-DE

Im letzten Absatz steht das Wichtigste:
Hagen mahnte, Zweckentfremdung verleite Bürger zu bewusst falschen Angaben: "Wenn künftig nur noch Max Mustermann und Micky Maus im Restaurant einchecken, wird die Nachverfolgung von Infektionsketten unmöglich."
Großartige Leistung - wegen Kleinkram. Und nachdem das jetzt einmal rausgekommen ist, wird sich das Verhalten mit den falschen Angaben aus den Köpfen auch nicht mehr entfernen lassen.

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Verfasst: 04.09.2020 16:17
von Maxi AEV
Genau dies. Da braucht man sich echt nicht wundern, wenn immer mehr falsche Angaben machen. Und nein, das Argument: "Wenn du nichts zu verbergen hast, dann kannst du ja deine gesamten Daten da eintragen" ist hier, genau wie sonst auch totaler Quatsch.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 04.09.2020 16:19
von DennisMay
kottsack hat geschrieben:Polizei greift auf Gästelisten der Gastronomie zu:

https://www.sueddeutsche.de/bayern/baye ... obal-de-DE

Im letzten Absatz steht das Wichtigste:

Großartige Leistung - wegen Kleinkram. Und nachdem das jetzt einmal rausgekommen ist, wird sich das Verhalten mit den falschen Angaben aus den Köpfen auch nicht mehr entfernen lassen.
Das ist doch jetzt nicht wirklich neu, davon las man schon vor Wochen.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 06.09.2020 09:00
von Allgaier
Muss man wegen Leipzig auch über die Polizei diskutieren oder kann man gleich sagen, dass der linke Mob dort nicht mehr ganz sauber ist?

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 06.09.2020 10:37
von shmul van Fugger
Allgaier hat geschrieben:Muss man wegen Leipzig auch über die Polizei diskutieren oder kann man gleich sagen, dass der linke Mob dort nicht mehr ganz sauber ist?

Das eine schließt das andere nicht aus.

Traurig, dass das wichtige Thema aufgrund der Auseinandersetzungen wieder mal in den Hintergrund gedrängt wird.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 07.09.2020 07:36
von vogibeule
Allgaier hat geschrieben:Muss man wegen Leipzig auch über die Polizei diskutieren oder kann man gleich sagen, dass der linke Mob dort nicht mehr ganz sauber ist?

Braucht es keine Diskussion !
Wo bleibt eigentlich der Bundespräsident und seine Betroffheitspolitiker.
Bleibt noch auf die Bilder der Polizeigewalt zu warten, dann hat man etwas auf das sich dieser Mob stürzen kann.

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 07.09.2020 08:28
von djrene
Was will ich da drüber diskutieren? Inakzeptabel. Ohne das berühmte "aber", das besorgte Bürger immer verwenden, wenn sie was von Identitären oder Rechtsradikalen verteidigen. Ob die Polizeitaktik richtig ist, müssen andere entscheiden. Totgeschwiegen wird auch nix, in JEDER Nachrichtensendung die ich seit Freitag gesehen habe, war es prominent platziert. Es wird aber immer von Demo gesprochen - ich vermute genehmigt war da nix. Und da sind wir schon beim ersten Unterschied zu Berlin. Zum Glück ist es dort nicht auch noch zu derartigen Ausschreitungen gekommen.

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Verfasst: 07.09.2020 08:53
von Mr. Blubb
Nachdem das jetzt schon mehrfach hier so geschrieben wurde: Eine Demo muss nicht genehmigt, sondern angemeldet werden.

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Verfasst: 07.09.2020 09:01
von djrene
Mr. Blubb hat geschrieben:Nachdem das jetzt schon mehrfach hier so geschrieben wurde: Eine Demo muss nicht genehmigt, sondern angemeldet werden.
... und kann dann untersagt werden.

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Verfasst: 07.09.2020 09:32
von Mr. Blubb
Richtig

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Verfasst: 09.09.2020 13:14
von DennisMay
Kann es wirklich sein das in Deutschland eine politische Entscheidung gegen die Automobilindustrie getroffen wurde?

Ich mein eigentlich ist es eine für die Autoindustrie, weil sie sich schneller bewegen müssen, aber Scheuer und Co. werden das anders auffassen.

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Verfasst: 09.09.2020 16:07
von el_bart0
Haben die Brauereien in München schon einen Subventionierungs-Antrag gestellt, wegen des ausfallenden Oktoberfests? Also in Bayern ist Bier absolut systemrelevant, mind. auf dem Niveau der Autoindustrie, wenn nicht weit drüber angesiedelt!!! :-) Die Drogenbeauftragte der Regierung freuts, die ja erneut eine Kampfansage im Kampf gegen die Drogen zu starten versucht... Bier gut, Gras schlecht- immerhin ist Cannabis kein Brokkoli und Bier ist eben Grundnahrungsmittel in Bayern...

https://www.youtube.com/watch?time_cont ... 27ffKWOBBE

Ihr Lachen spricht Bände... so stelle ich mir Konsens/Dialogbereitschaft vor! Ist ja nicht so, als wäre dies eine benötigte Kernkompetenz eines Politikers? Ach stimmt, in Bayern lautet das Motto doch Mia san mia, was ihr macht oder denkt ist mir relativ wurscht... Gut zu sehen auch beim Thema Endlagersuche ect.
Man ist es schließlich gewohnt, sofern man hier lebt, mit einer solchen Ignoranz tagtäglich konfrontiert zu sein...

AW: Politik und Geschichte

Verfasst: 09.09.2020 16:58
von kottsack
el_bart0 hat geschrieben:Haben die Brauereien in München schon einen Subventionierungs-Antrag gestellt, wegen des ausfallenden Oktoberfests? Also in Bayern ist Bier absolut systemrelevant, mind. auf dem Niveau der Autoindustrie, wenn nicht weit drüber angesiedelt!!! :-) Die Drogenbeauftragte der Regierung freuts, die ja erneut eine Kampfansage im Kampf gegen die Drogen zu starten versucht... Bier gut, Gras schlecht- immerhin ist Cannabis kein Brokkoli und Bier ist eben Grundnahrungsmittel in Bayern...

https://www.youtube.com/watch?time_cont ... 27ffKWOBBE

Ihr Lachen spricht Bände... so stelle ich mir Konsens/Dialogbereitschaft vor! Ist ja nicht so, als wäre dies eine benötigte Kernkompetenz eines Politikers? Ach stimmt, in Bayern lautet das Motto doch Mia san mia, was ihr macht oder denkt ist mir relativ wurscht... Gut zu sehen auch beim Thema Endlagersuche ect.
Man ist es schließlich gewohnt, sofern man hier lebt, mit einer solchen Ignoranz tagtäglich konfrontiert zu sein...
Was machts denn für einen Unterschied, ob Gras legal ist oder nicht? Wers will, der kriegts und wer sogar dafür zu doof ist, der soll mal schön saufen gehen. Da ist das gescheiter.

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Verfasst: 09.09.2020 18:28
von Dr. Strangelove
Weil eine staatliche Regulierung die Qualitätssicherung des Produkts gewährleistet. Das Gras, das auf der Straße unterwegs ist, wird ja laut diverser Berichte immer stärker. Wenn man der Meinung ist, dass die Leute es so und so bekommen, sollte einem eigentlich daran gelegen sein, dass sie zumindest eine gewisse Sicherheit haben, das zu bekommen, worauf sie nicht langfristig hängen bleiben können.

Fernab dessen gehts schlichtweg ums Prinzip, dass es ein Unding ist, eine weiche Droge zu verbieten, während man munter unterstützt, dass die Leute sich die Lunge kaputt quarzen oder sich nicht nur tot saufen, sondern unter Alkoholeinfluss auch noch nachweislich deutlich mehr Straftaten geschehen als unter dem Einfluss von ein bisschen Gras.