Ich finde diesen Zustand nicht witzig.
Dass es leider an der Tagesordung ist könnt Ihr hier nachlesen:
https://kviapol.rub.de/images/pdf/KviAP ... ericht.pdf
Ein paar Zitate:
"Der häufigste Grund für die Entscheidung gegen eine Anzeigeerstattung war die angenommene Erfolglosigkeit in Form der Überzeugung, dass Polizeibeamt*innen bei einer Strafanzeige nichts zu befürchten hätten (M = 4,71). ... war ein weiterer häufiger Grund für die Nichtanzeige die Nichtidentifizierbarkeit der Polizist*innen. Tatsächlich wurden Ermittlungsverfahren in diesen Bereichen häufig aus diesem Grund eingestellt (s. 3.6.3).
Eine hervorgehobene Rolle in allen Gruppen spielte weiterhin die Befürchtung, eine Gegenanzeige zu erhalten (M = 3,99) und die Einschätzung, dass die Tat nicht hätte bewiesen werden können (M = 3,9). Nicht selten wurde den Betroffenen auch von einer Anzeige abgeraten (n = 1715, 52 % aller Fälle). Zumeist erfolgte dies durch Familie, Freund*innen oder Bekannte(62 %), zu einem Drittel (35 %) durch eine*n Rechtsanwält*in und zu 17 %durch andere Beratungsstellen. Weitere 6 % nannten andere Personen, vorallem Rechtshilfe- oder selbstorganisierte Gruppen, aber auch Ärzt*innen und Zeug*innen. Einige nannten als Informationsquellen Medienberichterstattung und das Internet."
"Insgesamt wurden in 439 Fällen (13 %) der Gesamtstichprobe (n = 3.375)Strafverfahren eingeleitet. Davon wurden 415 Verfahren wegen des Vorwurfsübermäßiger körperlicher Gewaltanwendung geführt. Zum Zeitpunkt der Erhebung waren 354 dieser Verfahren bereits abgeschlossen (s. 3.6.3)."
"In 13 %der berichteten Fälle (n = 439) fand ein Strafverfahren statt. In 80 % der Fälle wurde nach Wissen der Befragten kein Strafverfahren eingeleitet. 7 % der Befragten gaben an, nicht zu wissen, ob ein Verfahren eingeleitet wurde."
"Die Einleitung des Verfahrens erfolgte in den meisten Fällen per Strafanzeige durch die befragte Person selbst (33 %) oder ihren Rechtsbeistand(39 %). In 20 % der Fälle wurde durch eine andere Person Anzeige erstattet. Nur in 5 % der Fälle (n = 22) wurde von Amts wegen ermittelt, davon wurde in sechs Fällen durch eine*n andere*n Polizist*in Anzeige erstattet. Die restlichen Personen (4 %) machten keine Angaben dazu. Wenn ein Strafverfahren eingeleitet wurde, so erfolgte dies zu 87 % wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB), teilweise in Verbindung mit weiteren Tatbeständen. In 18 Fällen (4 %) wurde das Verfahren wegen Nötigung/Amtsmissbrauch (§ 240 StGB) geführt. Jeweils zwei Personen berichteten von Verfahren wegen Freiheitsberaubung oder sexueller Belästigung, jeweils eine Person wegen Sachbeschädigung bzw. Beleidigung. 31 Personen (7 %) wussten nicht, auf Grundlage welchen Tatbestandes das Verfahren geführt wurde oder machten unklare Angaben."
"In den Fällen, in denen körperliche Gewalt angezeigt wurde (n = 415), lagenhäufig Zeug*innenaussagen (74 %) und ärztliche Befunde (63 %) als Beweismittel vor (vgl. Tabelle 10). Außerdem war in einem erheblichen Teil der Fälle (48 %) Videomaterialvorhanden: In 38 % der Fälle gab es private Aufnahmen, in 24 % Videoaufnahmen der Polizei, in vier Fällen existierten Aufnahmen aus einer Videoüberwachung im öffentlichen Raum (im Zug, Bahnhof, Stadion und durch Sicherheitsdienst) und jeweils einmal ein Internet- (YouTube) bzw. Pressevideo. Bei Einsätzen außerhalb von Großveranstaltungen lag Videomaterialseltener vor (24 %), wohingegen es bei Großveranstaltungen eine wichtige Rolle spielte (Demonstrationen/ politische Aktionen: 57 %; Fußball/Großveranstaltungen: 65 %).
Daneben gab es neun Fälle, in denen die Befragten zusätzlich anmerkten, dass vorhandenes Videomaterial nicht genutzt werden konnte: Sechs Mal fehlte das Videomaterial der Polizei, da es gelöscht worden oder nicht auffindbar war, einmal war darauf nichts zu erkennen. Einmal wurde privates Videomaterial nicht zugelassen und in einem weiteren Fall wurden die umstehenden Personen, die den Fall gefilmt hatten, von der Polizei aufgefordert, das Video zu löschen. In 9 % der Fälle gab es keine Beweise. 3 % der Personen machten keine Angaben zu den Beweisen. In den Verfahren, die mit Strafbefehl oder einer Verurteilung endeten (n = 11, s. 3.6.3), gab es zumeist sowohl Zeug*innenaussagen (82 %) als auch ärztliche Befunde (91 %) und auch überdurchschnittlich häufig Videomaterial (privates: 46 %; polizeiliches: 55 %)."
"In den Fällen, in denen das Verfahren wegen körperlicher Gewaltanwendung geführt wurde und in denen bereits eine Entscheidung im Ermittlungsverfahren vorlag (n = 354),54 wurde nach Angabe der Betroffenen in6 % der Fälle Anklage erhoben (n = 18 ) oder ein Strafbefehl beantragt bzw.erlassen (n = 4). Die Einstellungsquote betrug 86 % (n = 304). 8 % der Personen (n = 28 ) wussten nicht, wie das Verfahren ausgegangen ist (vgl. Abbildung 15).In den angeklagten Fällen (n = 18 ) kam es siebenmal zu einer Verurteilung, es gab sechs Freisprüche, zwei Verfahrenseinstellungen und drei Personen machte keine Angabe zum Verfahrensausgang."
"Betrachtet man in diesem Sachgebiet nur die abschließend durch die Staatsanwaltschaften erledigten Verfahren (n = 2.020 von 2.126),58 so betrug die Anklagequote bei Verfahren gegen Polizeibedienstete wegen Gewaltausübung und Aussetzung im Jahr 2018 1,98 % (n = 40). Sie ist damit im Vergleich zum Vorjahr (2017: 1,97 %) minimal gestiegen. In der jüngeren Vergangenheit war die Anklagequote dagegen gesunken (2016: 2,5 %; 2010:3,15 %). Daneben wurden im Jahr 2018 1.971 Verfahren (97,6 %) eingestellt;0,4 % (n = 9) oder Verfahren wurden auf sonstige Weise erledigt (vgl. Abbildung 17). Bei den Einstellungen handelte es sich in den meisten Fällen um Einstellungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO (n = 1.891, 93,6 % aller abschließend erledigten Verfahren), zu einem geringen Teil (n = 80, 3,96 %) auch um Opportunitätseinstellungen (vgl. Abbildung 18 ). Demgegenüber ergibt sich deliktsübergreifend, also bezüglich aller Strafverfahren im Jahr 2018 insgesamt, eine Einstellungsquote von 64 %, während die Anklagequote mit 24 % deliktsübergreifend mehr als zehnmal höher liegt als bei den Verfahren gegen Polizeibedienstete wegen Gewaltausübung und Aussetzung (vgl. Abbildung 19)."
"Bezüglich der Erledigungspraxis der Justiz zeigt sich in der Studie ein ähnliches Bild wie in der amtlichen Statistik. Strafverfahren gegen Polizist*innen wegen rechtswidriger Gewaltausübung weisen auch hier eine
auffallend hohe Einstellungs- sowie eine besonders niedrige Anklagequote auf(s. 3.6.4). In den Fällen, in denen das Verfahren wegen körperlicher Gewaltanwendung geführt wurde und eine Information zur Erledigungsart vorlag (n = 326), wurde nach Angaben der Befragten in 7 % der Fälle Anklage erhoben oder ein Strafbefehl beantragt bzw. erlassen. Die Einstellungsquote betrug 93 %, wobei Einstellungen mangels hinreichenden Tatverdachts nach§ 170 Abs. 2 StPO dominierten. Bei Fällen im Rahmen von Demonstrationen/politischen Aktionen und Fußballspielen/anderen Großveranstaltungen war die mangelnde Identifizierbarkeit der handelnden Beamt*innen der häufigste Grund für die Einstellung des Strafverfahrens (s. 3.6.3)."
"Des Weiteren wurde nach den psychischen Folgen des Vorfalls gefragt (vgl. Abbildung 12). Etwa ein Fünftel der Befragten (19 %) gab an, nach dem Vorfall keine Veränderung an sich bemerkt zu haben. Über 80 % empfanden jedoch im Anschluss an das Erlebte Wut, Angst oder Unwohlsein beim Anblick der Polizei, während knapp 70 % eine höhere Wachsamkeit an den Taglegten. 55 % mieden wenigstens teilweise ähnliche Situationen und 37 % bestimmte Orte. Jeweils 45 % berichteten wenigstens zum Teil von Angst undSchreckhaftigkeit oder größerer Reizbarkeit. Gut ein Drittel litt zumindest teilweise unter Schlafstörungen (34 %) oder Freudlosigkeit (30 %)."