Götterdämmerung auf dem Planet Ice?
„So ein Auf und Ab gibt es bei guten Mannschaften nicht“, hatte Alexander Barta vor einigen Wochen kopfschüttelnd über die Leistung seines Teams bemerkt. Recht hat er. Aber der Berliner in Diensten der Hamburg Freezers kann sich beruhigen. Von „Auf und Ab“ kann bei den Kühlschränken schon längst keine Rede mehr sein. Der Weg zeigt nur noch in eine einzige Richtung: nach unten!
Wenn am Donnerstagabend die Pinguine aus Krefeld in die immer leerer werdende Color Line Arena kommen, dann droht nicht nur die fünfte Saison-Niederlage auf eigenem Eis, sondern auch noch der Sturz aus den Pre-Playoff-Plätzen. Noch mag im Umfeld der HEC GmbH niemand öffentlich darüber sprechen, dass im März die Playoffs erstmals ohne die Hamburger beginnen könnten, aber ein solches Szenarium wäre in der Tat der Supergau an der Elbe.
Zumindest die 2:5 –Niederlage gegen die Panther aus Ingolstadt war bereits so etwas wie eine sportliche Bankrott-Erklärung. Bezeichnend die Aussagen von Freezers-Coach Mike Schmidt, der Niederlage für Niederlage immer nur resignierend feststellen muss, dass „die einfachsten Dinge nicht gelingen“. Dabei vermittelt der Deutsch-Kanadier nicht den Eindruck, als dass er seinem Team den Weg aus der Krise aufzeigen könne. Positive Ausstrahlung sieht anders aus als das Bild, das der ansonsten durchaus sympathische Schmidt zumindest in der Öffentlichkeit bietet. Petitesse am Rande: Bei den Freezers ist nicht der einstige Klasse-Verteidiger Schmidt für die Abwehrarbeit zuständig, sondern sein nomineller Assistent Bob Lesley, der sich bei seinen bisherigen DEL-Stationen Wolfsburg, Krefeld und Köln nun nicht gerade als Defensiv-Spezialist ausgewiesen hat.
Der Großteil der Hamburger Fans nimmt unter anderem auch diese Tatsache als Beleg für ihre Kritik, in der sie das in ihren Augen von Saison zu Saison schlimmer werdende kopf- und konzeptionslose „Durchgewurschtel“ (Zitat aus dem Freezers Fanforum) bemängeln. Zwar spricht Freezers-Chef Boris Capla immer wieder davon, „langfristig eine Meistermannschaft aufbauen zu wollen“, lässt aber den vollmundigen Worten kaum Taten oder zumindest nicht die richtigen folgen.
Wie schon in der vergangenen Saison fehlt auch in dieser Spielzeit wieder ein echter Blue-Liner, was das Überzahlspiel der Hamburger entscheidend schwächt. Darüber hinaus beweisen die Abwehrspieler der Hansestädter Spiel für Spiel, dass sie zu den langsamsten gehören, die die Liga zu bieten hat. Längst haben die Gegner erkannt, dass man gegen diese Zeitlupen-Defensive nicht zwangsläufig die erste sondern die schnellste Reihe aufbieten muss. Zügig vorgetragene Angriffe gegen die Freezers bieten ein Höchstmaß an Tor-Garantie. Zumal Freezers-Stammtorhüter Boris Rousson nach seiner langen Verletzungspause (Kreuzbandriss) einfach keine Form findet. Auch hier fühlen sich Kritiker bestätigt. Es gibt ein ziemlich planlos wirkendes Hin und Her zwischen Rousson und seinem Backup Steffen Karg, der in seinen Einsätzen durchaus gute Ansätze zeigt. Dieses Rein-Raus verhindert nachhaltig bei beiden Goalies die dringend nötige Stabilität.
In den ersten Spielen der Saison haben die Stürmer diese Defensiv-Misere durch eine wahre Torflut noch überspielen können. Nachdem gegen Iserlohn ( 6 : 8 ) aber sogar sechs eigene Treffer nicht mehr reichten um drei Punkte einzufahren, haben auch die Offensivkräfte sukzessive ihre Arbeit eingestellt. Die Folge: Nach einem kurzen Zucken in Frankfurt ( 3 : 2 ) ist das Team offensichtlich wieder in „Totenstarre“ verfallen.
Parallel zum sportlichen Niedergang bewegen sich (natürlich) auch die Zuschauerzahlen in dem einstigen „Spaßtempel“ der Liga in den Keller. Zwar sind 7.500 Zuschauer bei einem Dienstagsspiel nicht der schlechteste Wert, aber die Kurve zeigt beständig nach unten. Fans drehen den Freezers enttäuscht den Rücken, die dringend benötigten Eventies reagieren zunehmend mit Desinteresse. Der aktuelle Schnitt aus den bisherigen 9 Heimspielen dieser Saison liegt bei rund 8600. Zwar sicherlich immer noch über dem wirtschaftlichen Break even, aber für die bisherigen Hamburger Verhältnisse ein alarmierender Rückgang. In dieser Saison konnte HEC-Spaßorganisator Capla noch nicht ein einziges Mal eine fünfstellige Zuschauerzahl an seinen Chef Kornett nach Berlin vermelden.
Neben der dringend notwendigen Steigerung der sportlichen Attraktivität fehlen aber auch offensichtlich sämtliche Marketing-Konzepte, um dem Zuschauerschwund entgegen zu wirken. Auch hier mag das Dienstagsspiel gegen Ingolstadt als Beleg herhalten. Während landauf, landab ausgehöhlte Kürbisse und furchterregende Kostüme dem Halloween-Boom frönten, fiel ausgerechnet den Überirdischen vom Planet Ice, die eine finstere Maske im Logo führen, nichts zum Thema „Halloween“ ein. Ziemlich dünn für eine Organisation, die sich nach dem Bekunden ihres Geschäftsführers nicht Eishockey sondern Entertainment auf höchstem Niveau auf die Fahnen geschrieben hat, finden viele Beobachter. Das einzige Gespenstische, das die Kritiker rund um die Color-Line-Arena auszumachen glauben, ist die in ihren Augen zunehmende Agonie und Hilflosigkeit.
Und so wird das Spiel am Donnerstag gegen die Krefelder Pinguine zum nächsten richtungweisenden Match. In Bezug auf die sportliche Entwicklung, in Bezug auf den Zuschauertrend aber auch in Bezug auf die Handlungsfähigkeit der Verantwortlichen rund um das Team. Eine Lichtgestalt, die die Götterdämmerung auf dem Planet Ice beendet, bevor er in ewige Finsternis fällt, ist derzeit jedenfalls nicht in Sicht.
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