Saku Koivu hat geschrieben:Mich interessieren keine Meinungen aus einer Nazipartei. Meinungen sind wie Arschlöcher - jeder hat eins. Und wenn die Meinung nur aus Scheisse besteht, dann muss da weder zugehört noch diese akzeptiert werden. Keine Toleranz gegenüber den Intoleranten.
Ich wollte mich raushalten, aber es juckt in den Fingern. Dein Beitrag ist eigentlich stellvertretend dafür, warum Parteien wie die AfD immer stärker werden.
Gehen wir mal ein paar Jahrzehnte zurück. Wer hat links gewählt? Die SPD und selbst die frühen Grünen wurden vor allem von den einfachen Leuten, Arbeitern und Geringverdienern gewählt. Vor allem die Wähler der SPD hatten in der Summe eher ein geringeres Bildungsniveau. Heute hat sich das umgekehrt. Die Grünen sind die Partei für den gut verdienenden Großstädter. Sowohl SPD als auch die Grünen propagieren eine Politik, die vor allem die anspricht, die die ein oder andere Einschränkung auch deshalb nachvollziehen können, weil sie es sich leisten können.
Links bedeutet heutzutage
- woke zu sein
- das richtige „wording“ einzuhalten. Gender-Gap und Binnen-I sind ja längst mehr Ausdruck der Ideologie als ein Zeichen geschlechtergerechter Sprache
- antikapitalistisch zu sein, wie auch immer man den Kapitalismus definiert
- nicht rechts zu sein. Gerade dieser Punkt ist ja beinahe inhaltsfrei, aber essentiell für den aufrechten Linken und Linksliberalen. Idealerweise werden in unserer Zeit die Grautöne weitgehend ignoriert, was zur Folge hat, dass natürlich alles rechts ist, was nicht links ist. Der Konservative kämpft um seinen Platz, wird aber von einer linksliberalen Mehrheit, vor allem in den Medien, geschluckt.
Meine Vorstellung von „links“, wie ich sie damals gelernt und für mich angenommen habe, ist nur noch in Spuren vorhanden.
Jetzt brauchen aber diejenigen, die nicht in das beschriebene Schema passen, eine Heimat oder zumindest einen Anker, der sie hört und zumindest vorgibt, sie zu verstehen. Die CDU hat sich durch die Ära Merkel erstmal selbst nach links gerückt und entsprechend misstrauisch sind die Leute, wenn jetzt jemand wie Merz versucht, die AfD nachzuahmen. Die Menschen wollen mit ihren Problemen ernst genommen werden. Und da Gefühle weitaus mehr mit dem Menschen macht als Fakten, sind natürlich auch gefühlte Wahrheiten echte Wahrheiten. Für den, der sie fühlt. Spätestens seit Corona sollte klar sein, dass man Menschen nicht gewinnt, wenn man ihnen die Meinung abspricht. Einen Menschen, der aus welchen Gründen auch immer Vorbehalte gegen Ausländer hat, macht man vor allem dann zum Rechtsausleger, wenn man ihm seine Ansicht abspricht, ihm nicht zuhört und ihn in eine Schublade steckt.
Natürlich ist die AfD eine unfassbare Dreckspartei und nicht wenige Mitglieder sind so stramm rechts, dass der inflationäre Begriff „Nazi“ durchaus angebracht ist. Aber die Parteiinhalte wie Austritt aus der NATO, Austritt aus der EU, Abschaffung des Euro, teilen nur die wenigsten Wähler. Hierzu auch ein Artikel in der heutigen AZ. In vielen Fällen sind die Wähler der AfD in ihrer Lebenssituation mit denen zu vergleichen, die vor 30 Jahren die SPD gewählt haben.
Aus diesem Grund müssen die demokratischen Parteien wieder den Menschen erreichen und nicht umgekehrt. Man kann nicht voraussetzen, dass sich jeder Wahlberechtigte gefälligst umfassend über Parteien zu informieren hat. Das war nie so und wird nie der Fall sein. Der Bürger, je mehr sich seine Existenz auf sein Überleben reduziert, wird sich nicht an „alimentierten Messermännern“ abarbeiten, sondern bekommt Schweißperlen auf der Stirn, wenn man ihm sagt, dass er eine neue Heizung bezahlen muss, was er nicht kann. Da bleibt bei schlechter Kommunikation auch außen vor, dass dem gar nicht so ist.
Wenn man den Teil der echten Rassisten abzieht, die niemals 23 Prozent in unserem Land ausmachen, da bin ich mir absolut sicher, dann ist es das Bestreben, Antworten auf Fragen zu finden, die viele Menschen antreibt. Wenn man diese Menschen abstraft, da ihre Meinung nur „aus Scheiße besteht“, wird man sie erst richtig extrem machen. Keine Toleranz gegenüber Intoleranz, aber Verständnis für die Intoleranten sollte an erster Stelle stehen. Nur so bekommt man wieder auf den richtigen Weg. Und wir leben hier alle miteinander und sollten nicht schon im Vorfeld festlegen, wem wir keinen Platz in der Gesellschaft geben wollen. Und natürlich keine Toleranz gegenüber Nazis.