Talsohle noch nicht durchschritten
Eisbärencoach Don Jackson sagte nach der 2:4-Heimniederlage einiges mehr, brachte aber in einem Satz die wichtigste Forderung an seine Mannschaft auf den Punkt: „Ich erwarte von meinen Spielern wieder mehr Hunger auf Siege.“
Wie das aussehen kann, zeigten seine Cracks am vergangenen Dienstag gegen die Kölner Haie selbst erfolgreich. Die Freezers müssen sich ein Video von diesem Match besorgt haben. Denn ihr Auftreten, das am Ende mit dem heiß ersehnten Sieg im Wellblechpalast belohnt wurde, erinnerte doch stark an das der Eisbären gegen die Domstädter. Schön waren beide Begegnungen über weite Strecken zwar nicht unbedingt anzusehen, aber letztlich zählen in schwierigen Situationen eh nur Punkte. Noch mehr als die Eisbären tun sich die Freezers schwer damit, diese konstant einzufahren.
Freilich, die Hamburger würden gewiss gerne ihre Sorgen gegen die der Berliner eintauschen. Und nicht nur das, auch beneidet Bill Stewart die Eisbären gleich um eine ganze Reihe von Spielern. Gefragt, inwieweit die angekündigten, rechtlich jedoch nicht durchsetzbaren Strafgelder nützlich waren, diktierte Stewart der überrascht drein schauenden Journalistenschar in ihre Notizblöcke: „Führungsspieler wie Denis Pederson, Steve Walker, Andy Roach oder Deron Quint haben wir nicht. Das heißt, dass man das Team aufwecken muss. Wieder und wieder.“
Es ist schon interessant zu hören, mit welchen Worten die in Hamburg handelnden Personen versuchen, die gewünschten Leistungen aus dem von ihnen selbst verpflichteten Personal zu kitzeln. Lob war da trotz couragierter Leistung wenig zu vernehmen. Stewart hofft lediglich, „dass uns dieser Sieg auf den richtigen Weg bringt und uns die Chance gibt, auch das nächste Spiel zu gewinnen.“
Eine Niederlage heute in Düsseldorf und schon erhielten die von den Freezersfans in Berlin empor gehaltenen Protestplakate neue Aktualität. Erstes „Opfer“ dürfte dann allerdings wohl Bill Stewart sein. Die „Überlebenskünste“ eines Boris Capla hingegen sind geradezu im Begriff Legendenstatus zu erlangen.
Bei den Eisbären indes will sich im neuen Jahr die Selbstverständlichkeit einfach nicht wieder einstellen, mit der sie im Altjahr die Gegner noch reihenweise vom Eis fegten. Die so genannten kleinen Dinge, über die sich zuvor keine Gedanken gemacht werden mussten, die einfach klappten, bereiten nun offensichtlich Schwierigkeiten. Vieles passt nicht und Ausfälle, vor allem der von Denis Pederson, sind auf die Dauer offensichtlich doch nicht ohne weiteres zu kompensieren. Das äußert sich nicht zuletzt auch in einer rückläufigen Produktivität.
So drängt sich verstärkt die Vermutung auf, dass die bis vor kurzem immer wieder entfachte Torflut doch so manch Manko in der Eisbären-Defensive überdeckte. Jetzt, wo die Tore nicht mehr fallen wie überreife Früchte vom Baum, fällt jeder Fehler dafür umso mehr ins Gewicht. Schönspielen sollte daher momentan nicht der Anspruch der Eisbären sein, schon eher wäre es wohl hilfreich, sich Erfolgserlebnisse hart zu erarbeiten. Zumal die Konkurrenz, hart um ihre Play-off-Chance kämpfend, nun weit motivierter zur Sache geht und zuvor zurückgehaltene Reserven mobilisiert, um auch gegen den Tabellenführer zu punkten.
Heiß wird im Umfeld des Wellblechpalastes über die Notwendigkeit einer Blutauffrischung durch neue Spieler debattiert. Die meisten favorisieren dabei die Verpflichtung eines oder gar zweier Verteidiger, um Ordnung in die brüchiger gewordene Abwehr zu bringen. Obwohl noch drei Lizenzen für ausländische Spieler frei sind, ziert sich Manager Peter John Lee scheinbar in diese Richtung aktiv zu werden. In der Tat liegt auch fast der Gedanke näher, die Eisbären bräuchten eine Pause, um neue Kraft und auch Motivation zu schöpfen. Da besagte Pause aber noch auf sich warten lässt, müssten gerade jetzt die Leader im Team der Eisbären noch deutlicher die Richtung vorgeben, jene Vorzüge unter Beweis stellen, von denen Hamburgs Trainer Bill Stewart in den hellsten Tönen schwärmte.
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