paul Kariya hat geschrieben:
Ich verweise hier jetzt nur nochmal auf das Zitat! Wer sich so offen von Reue distanziert und zum Völkermord und dem Führer bekennt, der hat nunmal, wenn man dann seine Genozidtätigkeit in Polen und Deutschland betrachtet, nichts anderes verdient! Oder was steht denn in den einschlägigen Büchern, was sich nicht mit diesem einen Zitat sofort selbst entkräftet?
Eins vorneweg, weder sympathisiere ich mit Heß noch spreche ich ihn frei von Schuld oder halte sein Verhalten für richtig!
O.k., fangen wir bei Deinem Zitat an:
„Ich verteidige mich nicht gegen Ankläger, denen ich das Recht abspreche, gegen mich und meine Volksgenossen Anklage zu erheben. Ich setze mich nicht mit Vorwürfen auseinander, die sich mit Dingen befassen, die innerdeutsche Angelegenheiten sind und daher Ausländer nichts angehen. Ich erhebe keinen Einspruch gegen Äußerungen, die darauf abzielen, mich oder das ganze deutsche Volk in der Ehre zu treffen. Ich betrachte solche Anwürfe von Gegnern als Ehrenerweisung.”
Bis dahin hat er genauso reagiert, wie wohl jeder Amerikaner, Engländer, Franzose, Sowjetbürger oder jeder andere Kriegsgefangene vor einem deutschen Siegergericht reagiert hätte.
„Es war mir vergönnt, viele Jahre meines Lebens unter dem größten Sohne zu wirken, den mein Volk in seiner tausendjährigen Geschichte hervorgebracht hat. Selbst wenn ich es könnte, wollte ich diese Zeit nicht auslöschen aus meinem Dasein. Ich bin glücklich, zu wissen, daß ich meine Pflicht getan habe meinem Volke gegenüber, meine Pflicht als Deutscher, als Nationalsozialist, als treuer Gefolgsmann meines Führers. Ich bereue nichts. Stünde ich wieder am Anfang, würde ich wieder handeln wie ich handelte, auch wenn ich wüßte, daß am Ende ein Scheiterhaufen für meinen Flammentod brennt. Gleichgültig was Menschen tun, dereinst stehe ich vor dem Richterstuhl des Ewigen. Ihm werde ich mich verantworten, und ich weiß, er spricht mich frei.”
Zum zweiten Teil seiner Aussage muss man vorneweg nehmen, dass Heß von allen Seiten der Allierten eigentlich als mental bzw. geistig gestört angesehen wurde (im übrigen auch von seinen Mitangeklagten). Des weiteren lese ich auch eine große Portion Verbitterung aus diesem Ausspruch heraus, war er doch der Meinung, er wäre im Mai 1941 in friedlichen Absichten nach England geflogen um Friedensverhandlungen in Gang zu setzen. (Ob das realistisch war oder ob Hitler davon wusste, ist dabei ohne Belang, um hier nicht wieder über Verschwörungstheorien zu spekulieren)
Sicherlich zeigt er mit seiner Rede keine Reue, was zu verurteilen ist, aber hier geht es ja um die Frage des Strafmaßes und nicht um die Strafe an sich.
Von welcher Genodzidtätigkeit sprichst Du bei Heß?
Die, die wir allen Nazigrößen und in einem gewissen Maße auch unseren Groß- und Urgoßeltern vorwerfen müssen, oder tatsächliches Handel, wie bei Himmler, Hans Frank oder Rudolf Höß (H
öß, nicht H
eß)?
Ich will nicht behaupten, Heß hatte von irgendwelchen Judenvernichtungsplänen keine Ahnung. Aber mit Endlösung der Juden hatte Heß nichts zu tun, weil die erst im Sommer 1941 begann, zu damaliger Zeit saß Heß schon im Gefängnis in Großbritannien! An den Deportationen der Juden, Roma und Sinti hatte Heß jedoch seine Mitverantwortung zu tragen. Aber Deportation ist nicht gleich Massenvernichtung!
Und da muss ich Dich schon fragen, wie Du es rechtfertigen kannst, dass zum Beispiel ausgerechnet Albert Speer, der für die Auf- bzw. Nachrüstung der Wehrmacht zuständig war und in dieser Funktion Juden und Zwangsarbeiter in immer größerem Maße anforderte und von der "Endlösung" der Juden gewußt haben muss, wahrscheinlich beim Bau und Ausbau von Auschwitz sogar organisatorisch beteilgt war. Wie also Speer nur 20 Jahre Haft bekommen hat, wärend Heß Lebenslang bekam und ab 1966 bis 1987 alleiniger Gefangener in einem ganzen Gefängnis war!
Hätte man Heß zum Ende der Nürnberger Prozesse sein Schicksal aufgezeigt und hätte ihm die Wahl zwischen Hinrichtung oder lebenslanger Haft gelassen, ich bin mir sicher, er hätte den Tod gewählt. Und wenn so etwas der Fall ist, dann kann die Strafe nicht in Ordnung sein.
Selbst die westlichen Allierten, im besonderen Winston Churchill sahen die Strafe später als unmenschlich an, jedoch scheiterte eine Entlassung am Veto der Sowjetunion. Und das obwohl insbesondere die Russen keine Heiligen gewesen sind, schon gar nicht bei den Juden! Das nennt man dann jedoch Siegermentalität!
Ich glaube, Du denkst genauso wie die Allierten gedacht haben. Heß war Stellvertreter Hitlers und dementsprechend wurde er auch in Stellvertretung für Hitler verurteilt und bestraft. Allerdings war der Titel eher poltischer und repräsentativer Natur, was Hitler vor allem dadurch auch zu Gute kam, dass Heß ein gern gesehener Gast im Ausland war, galt er doch als eher "weniger nationalistsich", kultivierter, diplomatischer und intelligenter als Hitler. Ausserdem hatte Heß ein absolutes Faible für Großbritannien und wollte angeblich nie einen Krieg mit dem Inselreich.
Heß hatte jedoch so gut wie keine Entscheidungsgewalt und kann mit einem tatsächlichen Stellvertreter Hitler gar nicht gleichgesetzt werden, das waren wohl eher Goebbels oder Himmler.