Jere Karalahti : „Ich blicke nur noch nach vorn!“
Hamburg, 31.Juli 2008
Er ist erst 33 Jahre alt und hat bereits ein Leben hinter sich. Ein Leben unter Vollgas auf der Überholspur. Mit 18 Jahren Stammspieler in der finnischen SM-Liiga bei HIFK Helsinki, Teilnahme an fünf Weltmeisterschaften, zweimal im Allstar-Team bei der WM. 1999 in die NHL zu den Los Angeles Kings. Jere Karalahti auf dem Weg neben dem Ruhm auch zu Wohlstand und Reichtum.
Nach zweieinhalb großartigen Spielzeiten der Wechsel nach Nashville zu den Predators. Und immer zählt der 1,88 m große und 96 kg schwere Weltklasse-Verteidiger zu den Aktivposten seiner Teams, gleichermaßen von Mitspielern und Trainern geschätzt, beliebt bei den Fans. Wegen seiner unbarmherzigen Checks und seiner gnadenlosen körperlichen Präsenz auf dem Eis gefürchtet bei allen Gegnern.
Aber daneben auch immer wieder Aussetzer und Ausraster. Alkohol, Drogen. „Auch das gehört zu meinem ersten Leben“, sagt Jere Karalahti heute, „das kann und will ich nicht verdrängen.“ Je weiter seine Karriere voran schreitet, je deutlicher wird die dunkle Seite. Suspendierungen, Strafen -2001 verpasst Karalahti sogar eine Weltmeisterschaft wegen seiner Exzesse. 2002 wird er von der NHL für sechs Monate aus dem Verkehr genommen, soll sich einer Entziehungskur unterwerfen.
Karalahti flüchtet zurück nach Finnland. Für die Saison 2002/2003 heißt es in der Statistik lapidar „did not play“. 2003 nimmt ihn sein alter Klub HIFK Helsinki wieder auf. Und Jere macht beinahe nahtlos da weiter, wo er 1998 aufgehört hatte. Seine Zahlen für die erste Saison nach seiner Rückkehr: 57 Spiele, 10 Tore, 20 Assists. HIFK wurde zwar nicht wie 1998 Meister, kam aber in den Play-offs soweit wie schon seit Jahren nicht mehr. Aber Karalahti machte auch neben dem Eis weiter wie in all den Jahren zuvor.
Immer wieder Alkohol, Drogen, exzessive Feiern. Schulden. Wenn seine Kumpel feiern wollen, Jere zahlt. War ein Freund in Not, Jere half. Das Geld rinnt ihm wie Sand durch die Finger. Nur auf dem Eis bleibt der Verteidiger mit dem gefürchteten Schlagschuss nichts schuldig. Ob im Training oder Spiel, seine Leistung stimmt auch zu finstersten Zeiten.
Was dann geschah, darüber ist in den letzten Tagen genug geschrieben worden. Nach Karalahtis Verhaftung im November des vergangenen Jahres löst sein Klub Kärpät Oulu, wo er mittlerweile gelandet ist, den Vertrag. Der finnische Verband droht eine vierjährige Sperre an, die den Bestimmungen der IIHF entsprechend weltweit gegolten hätte.
Die Behörden werfen Karalahti die Beteiligung an Drogenschmuggel vor, verbieten ihm die Ausreise aus Finnland, die Staatsanwaltschaft fordert mehrere Jahre Haft. Das Gericht mochte den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft so nicht folgen, sieht aber die Unschuld Karalahtis auch nicht als erwiesen an. Im März das Urteil: 20 Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro. Der finnische Eishockey-Verband sieht von einer Bestrafung ab, legt die angekündigte Sperre zu den Akten.
Am Mittwoch nun traf der bullige Verteidiger in Hamburg ein. Nach einem Mittagessen mit Freezers-Boss Capla und Sportdirektor Leslie stellt sich Karalahti den Fragen der Hamburger Sportjournalisten. Offen und freundlich spricht er über sich und seine Pläne, beantwortet geduldig alle Fragen zu seiner Vergangenheit: „Ich weiß, dass ich einiges falsch gemacht habe und ich übernehme die volle Verantwortung dafür.“
Gemeinsam mit Ehefrau Susanna (32) und Töchterchen Ronja (

will Jere Karalahti in der Hansestadt einen Neubeginn wagen. Falsche Freunde, Alkohol, Drogen, das alles will Karalahti in seinem ersten Leben zurücklassen. Die Ärzte haben den Hünen aus Helsinki gewarnt, auch nur die geringste Menge Alkohol könnte fatale Folgen haben. Karalahti hört auf die Mediziner und die Warnrufe seiner Schilddrüse. Er trinkt Wasser. Und als ob er sich und allen anderen etwas beweisen müsste, verzichtet Karalahti sogar auf sprudelnde Kohlensäure. Still und ruhig - so will er sein neues Leben abseits des Eishockeys angehen.
Auf dem Eis aber, da sollen alle schnell wieder den alten Jere sehen. „Das Einzige, das ich neben meiner Familie mit in mein neues Leben nehmen werde.“ Einmal wird ihn sein altes Leben noch einholen. Gegen das Urteil des finnischen Gerichts hat Karalahti Einspruch eingelegt: „Ich stehe zu allem, was ich getan habe. Aber ich habe niemals Geld für den Drogenhandel gegeben.“