Verfasst: 01.07.2009 11:46
Das will jetzt mit aller Macht kommentiert werden. Mir geht es nicht um Paco de Lucia, auch wenn mir Jazz ohne Gitarre lieber ist. Mir geht es um die "Schrummelband".djrene hat geschrieben: Kleiner Anschauungsunterricht für so manche "Schrummelband" und deren Möchtegerngitarristen (will ja keine Namen nennen, sonst sind wieder einige beleidigt)
Mal abgesehen davon, dass der Architekt das Haus entwirft und nicht der Maurer, darf man gerne handwerklich gute Musiker als solche bezeichnen. Sie sind deshalb noch lange nicht per se den handwerklich weniger guten vorzuziehen.
Wenn man die Geschichte der Musik bis an die Anfänge zurückverfolgt (zumindest so lange das möglich ist), dann war Musik immer der Ausdruck eines Lebensgefühls. Trauer, Schmerz, Freude u.ä. Das Ganze erfolgte durch Gesänge, rhythmisches Klatschen oder Schlagen und irgendwann durch Instrumente. Der Ausdruck dessen, was mitgeteilt werden möchte ist/war von Interesse und weniger die handwerkliche Umsetzung, geschweige die Perfektion.
Wenn du beispielsweise hier http://www.acclaimedmusic.net/ nachsiehst, welche Musik seit den Vierzigerjahren prägend war, dann sind handwerkliche Fähigkeiten sicher oft dabei, aber nur sehr selten ausschlaggebend. Wenn man im englischen oder amerilkanischen Raum nach stilbildenden deutschen Bands fragt, dann fallen immer wieder Neu!, Kraftwerk und die Einstürzenden Neubauten. Alle drei Bands haben mit Klängen und musikalischem Ausdruck experimentiert, keine davon durch handwerkliche Perfektion geglänzt, auch wenn Kraftwerk in ihrem Genre sicher Perfektionisten waren. Erst wenn man nach Japan kommt, erzählen die dir was von wegen Scorpions, aber Japaner kaufen auch Schamhaare in Plastiktüten.
"Nevermind" von Nirvana hat ein ganzes Jahrzehnt musikalisch geprägt. Man muss die Platte nicht mögen (ich auch nicht sonderlich), aber man muss ihr ihre Bedeutung ebenso attestieren wie dem handwerklich eher zweitrangigen Debüt von Velvet Underground oder den Gitarrenkünsten eines Bob Dylan.
Was das Handwerk betrifft, sieht das auch jeder aus seiner persönlichen Sicht und wird wohl nur die Handwerker lieben, die die Musik spielen, die man sowieso mag. Ich behaupte, - und da bin ich mir jetzt sicher- dass die Herren Elvin Jones, Tony Williams, Max Roach und mit Abstrichen Art Blakey besser als alle Rockschlagzeuger aller Zeiten sind/waren. Das ist jetzt aber vermutlich weder ein Grund für Rockschlagzeuger, ihre Schweißbänder zu packen und nach Hause zu gehen, noch ist es ein Grund für Jazznichtmöger, plötzlich Jazz zu mögen.
Musik ist mehr als nur Arbeit. Musik ist künstlerischer Ausdruck, und da steht die "Schrummelband" gleichberechtigt neben den Filigrantechnikern. Ich muss bei den Ramones mitsingen und mitwippen und bei den Dire Straits platzen mir die Hämorrhoiden auf, so eklig finde ich das. Außerdem gibt es genügend Musik, bspw. Hip Hop, Techno, nicht wenige traditionelle "Volksmusiken" und andere, die überhaupt nicht von den technischen Fähigkeiten leben bzw. wo technische Fähigkeiten nur eine untergeordnete Funktion haben.
Thelonious Monk, sicher einer der zehn besten Pianisten ever, hat mal gesagt, dass es nicht darauf ankommt, wie fingerfertig man Töne erzeugt, sondern welche Ideen der Tonerzeugung zugrunde liegen. Vorausgegangen war die Empörung der Fachleute, als in den Vierzigerjahren ein Pianist sein Klavier gespielt hat, in dem er die Saiten des geöffneten Klaviers "geschlagen" hat. Miles Davis gilt als bester Trompeter, weil er diesem Instrument mehr als alle anderen seinen Stempel aufgedrückt hat und in seiner Spielweise einzigartig war. Technisch gab es bedeutend bessere als ihn. Und mir ist aus diesem Grund Tokio Hotel tausemdmal lieber als jeder Ton eines DSDS-Sängers, der mit "so viel Gefühl" singen kann.
Leonard Bernstein hat bis auf die Beatles jede zeitgenössische Musik als Stümpertum abgelehnt. Seine Meinung mag Gewicht gehabt haben, aber Unfug war sie trotzdem. Karajan hat ihn dafür als "dummer Junge" bezeichnet".
Und jetzt höre ich
Trio: Da Da Da