Berliner Eisbären beim Spengler Cup – Ein Fazit
Berlin, 1.Januar 2007
Das Abschneiden des EHC Eisbären Berlin beim 80. Spengler Cup darf wohl höchstens als durchwachsen bezeichnet werden. Der Deutsche Meister der vergangenen zwei Jahre beendete das Turnier in Davos auf dem letzten Rang. Einem Sieg gegen den russischen Vertreter Khimik Mytischi stehen drei Niederlagen gegenüber, darunter eine deutliche 1:6-Pleite gegen Mora IK.
Gerade in dieser Begegnung verspielten die Berliner beim Publikum einen erheblichen Teil der bei ihrer ersten Spengler-Cup-Teilnahme im Jahr 2005 erworbenen Reputation. Chefcoach Pierre Pagé machte den Unterschied zwischen beiden Teilnahmen vor allem daran fest, dass es seiner Mannschaft am nötigen Tempo fehle, was schon für den gesamten bisherigen Saisonverlauf gelte. Am härtesten geht Pagé hier mit Neuzugang Jeff Jillson ins Gericht, der seiner Meinung nach die letzten sechs Jahre seiner Karriere verschenkt habe und wohl am Scheideweg dieser stünde. „Jillson muss überlegen“, so Pagé, “wie es mit ihm weiter gehen soll. Er muss die Entscheidung treffen, sich, sein Training umzustellen, wesentliche Dinge verändern, damit er sich weiterentwickeln kann. Er hat so viel Talent und gute Voraussetzungen, macht aber aus all dem zu wenig.“ In der Tat fiel Jillsons fehlende Schnelligkeit in den Spengler-Cup-Begegnungen gegen Spieler der Kategorie eines Pavel Brendl (Mora IK) oder Dominic Pittis (Team Canada) noch deutlicher auf als im DEL-Alltag.
Neben Jillson müssen sich aber auch noch einige andere Eisbären-Stars Kritik gefallen lassen: Als ein DEL-Topscorer angereist, ging Mark Beaufait im Konzert der namhaften europäischen Tor- und Punkte-Jäger komplett unter. Kapitän Steve Walker war zwar über weite Strecken bemüht, konnte seine eigentliche Durchschlagskraft aber auch nicht unter Beweis stellen. US-Legionär Kelly Fairchild gehörte beim Spengler Cup ebenso eher zu den Enttäuschungen auf Seiten der Eisbären.
Bei aller Kritik darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Hauptstädter bereits im Spiel gegen Khimik mit Denis Pederson und Stefan Ustorf zwei ihrer Leistungsträger verletzungsbedingt für den Rest des Turniers verloren. Da zudem auf Intervention ihrer Heimatvereine nicht alle Gastspieler in allen Spielen eingesetzt werden konnten, fanden sich dann im Sturm Verteidiger Jens Baxmann und Reservist Norman Martens wieder. Beide, wie auch der in einem tiefen Leistungsloch steckende Defender Frank Hördler, waren dem Niveau des Spengler Cups nicht oder höchstens nur ansatzweise gewachsen.
Zu den Torhüterleistungen kam Coach Pierre Pagé zu dieser Einschätzung: „Das Spiel gegen Khimik haben wir nicht zuletzt aufgrund der Leistung Daniar Dshunussows gewonnen. Vielleicht muss er öfter spielen. Insgesamt muss man sagen, dass beide Torhüter sich zwar gesteigert haben und inzwischen gut genug für die DEL sind, aber diesmal noch nicht gut genug für den Spengler Cup waren“. Selbstkritisch geht Daniar Dshunussow auch an die Beurteilung seiner Leistung heran: „Ich fahre mit gemischten Gefühlen vom Spengler Cup nach Hause. Gegen Khimik hatte ich ein ordentliches Spiel, das wir ja gewonnen haben, gegen die Schweden habe ich nach meiner Einwechselung das ein oder andere Tor zu viel bekommen. Dennoch war es eine tolle Erfahrung für mich und vor allem hatte ich endlich wieder Gelegenheit zu spielen“.
Es gab sie aber die Lichtblicke: Hier wären sicher die beiden Verteidiger Andy Roach und Deron Quint zu nennen, die zwar auch nicht scorten wie man es von ihnen aus der DEL gewohnt ist, doch stets um einen konstruktiven Spielaufbau bemüht waren. Des Weiteren muss Richard Mueller erwähnt werden, der mit seiner unglaublichen Schnelligkeit für viel Wirbel im Angriffsdrittel sorgte. Über den verhinderten Deutschen sagte Pagé: „Er hat sich empfohlen, falls er nicht bald seinen Pass bekommt, eine Ausländerlizenz zu belegen.“ Nicht unbedingt zu Unrecht wurde Nationalstürmer Sven Felski zum besten Eisbärenspieler des Turniers gekürt. Mit einer Intensität gehörte er in der Tat zu den Aktivposten. Auch wenn die Schweizer, die viel für Bodenständigkeit übrig haben, zur Wahl sicher den ein oder anderen Sympathiepunkt für den Franchise-Player hinzuzogen. „Wir sind schon enttäuscht“, sagte der Ausgezeichnete, „aber jetzt müssen wir uns wieder auf die DEL konzentrieren. Vielleicht war es gerade im Hinblick darauf gut, zu sehen, wo im internationalen Vergleich wir stehen und wo unsere Schwächen liegen“.
Eine weitaus bessere Rolle als beim Spengler Cup 2005 spielten dieses Mal, wie schon berichtet, die Schweizer Gastspieler. Insbesondere am Luganesi Steve Hirschi hatte Pierre Pagé seine helle Freude: „Er war mein bester Eisbärenspieler des Turniers. Er als Gastspieler repräsentierte am besten, was unser Spiel eigentlich ausmachen sollte: Schnelligkeit und eine hohe Intensität“. Auch Thibaut Monnet konnte Akzente setzen und machte einen guten Eindruck im Eisbären-Trikot.
Gegenüber Hockeyweb schätzte Spengler Cup OK-Chef Fredi Pargätzi ein: „Ich bin durchaus zufrieden mit dem Auftritt der Eisbären. Sie waren engagiert auf und neben dem Eis, ihre Spieler nahmen aktiv am „Kids Day“ teil und trainierten dort junge Eishockeyspieler. Sportlich hat man schon Veränderungen durch die Abgänge wichtiger Spieler wahrnehmen können, aber enttäuscht haben die Eisbären keinesfalls. Es ist zwar noch zu früh zu sagen, welche Mannschaften wir im kommenden Jahr zum Spengler Cup einladen, da sich die europäischen Ligen allgemein in einem Umbruchprozess befinden. Durch die Eisbären konnten wir in den letzten beiden Jahren jedoch gute Erfahrungen mit einer deutschen Mannschaft sammeln.“
Für den schon am 2.Januar wieder beginnenden Alltag in der DEL bleibt für die Eisbären indes zu hoffen, dass der Spengler Cup 2006 einen eben solch positiven Einfluss auf das Teambuilding hat, wie es die vorjährige Ausgabe hatte. Das spielerische Niveau der letzten Spielzeiten, das bewies nun auch das Turnier in Davos, haben die Eisbären der Saison 2006/07 nicht. Zu viele offene Baustellen gibt es im Team, die vielleicht in der verbleibenden Zeit nicht mehr zu Recht zu rücken sind. Zwar konstatiert auch Chefcoach Pagé eine gewisse sportliche Stagnation, will jedoch die Hoffnung auf weitere Steigerung noch nicht aufgeben: „Im Dezember waren wir auf einem guten Weg, der uns von nun an hoffentlich weiter nach oben führt.“
Quelle:
http://www.hockeyweb.de