Saku Koivu hat geschrieben:Der Verschleiss bei Vinyl is halt nicht vonner Hand zuweisen. Bei Scheiben die man ohne Probs wiederbekommt is das ja kein Prob, aber iwelche Erstpressungen die man im jugendlichen Leichtsinn rauf und runter gespielt hat....
Vinyl is nurnoch ein Sammlerstück. Wer sie hat bespielt sie nicht sondern versucht sie möglichst als Mint++ zu konservieren.
Eigentlich wollte ich den Verkaufs-Thread von Lucky nicht zerstören, aber dafür ist es jetzt ohnehin zu spät. Also Wo beginnen?
1. "Vinyl ist nur noch ein Sammlerstück". Warum das "nur noch" nicht stimmt, dazu später, aber es ist ein Sammlerstück, was man von der CD nur bedingt sagen kann. Der digitale Overkill hat dazu geführt, dass die CD in den nächsten 10 Jahren weitestgehend aussterben wird. Selbst der Stellenwert der MP3 wird verschwindend gering sein. Wer nur konsumiert, der wird streamen, nicht rippen und wer besitzen will, wird mehr und mehr die Schallplatte bevorzugen. Die Zuwächse beim Verkauf von Schallplatten sind so exorbitant, dass sogar neue Presswerke gebaut werden, was jahrelang aus Kostengründen undenkbar schien. Gleichermaßen sinkt der Verkauf von CDs. Kaufhäuser schließen ihre CD-Abteilungen und Drogeriemärkte verkleinern selbige zugunsten von Schallplattenregalen. Bei den absoluten Verkäufen sind CDs zwar noch weit überlegen, aber das Verhältnis verschiebt sich zusehends. CDs werden mehr und mehr eine Dreingabe für Zeitschriften. Die Bastion der CD-Käufer findet sich unter Schlager-, Volksmusik-, Metal- und Klassikhörern, wobei selbst die letzten zwei Sparten langsam bröckeln. Nahezu jeder Neuzugang ist mittlerweile auf Vinyl erhältlich, von Darkthrone bis Helene Fischer.
2. Abnutzung. Was physikalisch natürlich korrekt ist, hat in der Praxis kaum Gewicht. Ich habe Platten aus den Siebzigern, die wurden rauf und runter gespielt, ich war sogar ein paar Jahre Plattenaufleger und habe dummerweise oft meine eigenen Platten verwendet und keine von ihnen ist fertig. Das Problem bei Schallplatten heißt nicht Abnutzung, das Problem heißt Dreck. Eine Plattenwäsche wirkt Wunder und man glaubt nicht selten, nach einer Reinigung wieder ein nagelneues Exemplar zu hören. Ich behaupte mal, dass über 90 Prozent der angeblich totgespielten Platten nur gereinigt werden müssten. Die Zahl der CDs, die im Laufe der Jahre unter irreparablen Datenausfällen leiden, ist da sicher nicht wesentlich geringer. Natürlich zerstört ein Kratzer das Vinyl, aber wer zerkratzt eine Platte? Auch hier meinen die meisten Dreck, wenn sie Kratzer sagen. Schallplatten mittels Laser reinigen zu lassen, kostet 2 bis 3 Euro und lohnt sich eigentlich immer.
3. Mint ++ gibt es nicht, "Mint" heißt neu
4. Erstpressungen. Ich war auch so bescheuert und habe bei der Umstellung auf CD Schallplatten verkauft, darunter auch Erstpressungen. Aber ganz so wild ist es nicht. Wer bei Discogs ein wenig stöbert, wird fast immer fündig werden, auch wenn er Erstpressungen sucht. Und abhängig von dem, was er sucht, kosten diese nicht zwingend mehrere hundert Euro (die gibt es natürlich auch), sondern u.U. auch nur 99 Cent. Da muss jeder für sich nur die entsprechenden Platten suchen, er wird fündig werden. Im Gegenteil, durch Plattformen wie Discogs kommt man mittlerweile an Schätzchen, an die man früher nie gekommen wäre. Ich war in den Achtzigern mehrfach nur zum Zwecke des Plattenerwerbs in London. Heute kann ich mir das sparen, bestelle online, warte ein paar Tage und bekomme die Platte meiner Wahl nach Hause geschickt.
5. Über den Klang streiten sich die Gelehrten, beide Fraktionen haben nachvollziehbare Argumente, aber eines ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn ich davon ausgehe, dass ein musikalisches Produkt ein Stück umfängliche Kunst ist, von der Titelauswahl, über deren Reihenfolge bis hin zur Covergestaltung, dann ist das Hören von Schallplatten kein nostalgischer Quark, sondern entspricht viel mehr dem Ansinnen, den der Urheber des Tonträgers eigentlich hatte. Zudem kommt die Beschäftigung mit dem Tonträger, das Suchen und Finden auf Plattenbörsen und in speziellen Läden. Vieles aus der Zeit, als sich Liebhaber über ihre Plattensammlung definiert haben, war aus meiner Sicht in den Zeiten der CD verschwunden und ist wieder da, als wäre es nie weg gewesen. Und das mag dann vielleicht doch eine Spur von Nostalgie beinhalten.
Ich bin froh, dass hier ein Umdenken stattgefunden hat und sei es nur durch die Überdigitalisierung von allem. Wer auch in den Neunzigerjahren aktuelle Platten gekauft hat, der wird sicher ein paar Schätzchen haben, denn in diesem Jahrzehnt war Vinyl praktisch tot und auch nicht immer leicht zu kriegen.