
Letzte Demütigung für den Despoten: Kurz vor dem Fall der Saddam-Statue bedeckt ein US-Marine das Gesicht des Diktators mit der US-Flagge
Jubel! Saddam ist geschlagen
Sieg – Bagdad ist gefallen!
Nach 21 Tagen pausenloser Angriffe auf den Irak hat sich die Hauptstadt Bagdad gestern den US-Truppen ergeben. Saddams Kämpfer sind geflohen. Auf den Straßen feiert die Bevölkerung ausgelassen die Befreier! Die US-Regierung: „Ein historischer Augenblick!“ Kanzler Schröder sprach von einer „erfreulichen Entwicklung“.
Nach letzten Geheimdienstgerüchten ist Saddam auf russisches Botschaftsgelände geflohen.
Freiheit! Endlich Freiheit, nach 30 Jahren grausamster Tyrannei...
US-Soldaten, die sich bisher vorsichtig in ihre Panzerluken duckten, reißen die Arme hoch, jubeln mit den Menschen.
Kurz vor 15.00 Uhr erreichen die US-Panzer das „Palestine“-Hotel. Von dort hatten Reporter über die 21 Tage des Krieges berichtet.
Zwei Stunden später kracht im zentralen Fardus-Platz das Symbol der Gewaltherrschaft, das 25 Meter hohe Saddam-Monument vom Sockel, herabgezerrt von einem US-Panzer.
Junge Männer trampeln wie von Sinnen auf die zerborstene Statue.
Bis zuletzt hatten Saddams „Opferkämpfer“ aus Widerstandsnestern geschossen, mit veralteten Panzerfäusten und Kalaschnikows mit Holzschaft.
„Viele wollten sterben“, sagt General John Kelly (1. Marine-Division). „Sie sind entschlossen, sie sind arrogant.“ Ein Soldat, dem ein Bein abgeschossen wurde, verweigerte ärztliche Hilfe.
US-Offizier Jim Parrington: „Wir haben noch Probleme mit Heckenschützen. Die sind gut getarnt und offenbar ziemlich treffsicher.“
Die Liste der Toten des Krieges bisher: 91 amerikanische und 30 britische Soldaten gefallen, davon 49 durch eigenen Beschuss („friendly fire“). Mindestens 4000 gefallene Iraker. Dazu 1252 tote und 5103 verletzte Zivilisten (irakische Angaben). 9 Journalisten kamen um.
Die öffentliche Ordnung löst sich auf. Plünderer hasten durch die Straßen, stürmen Villen, Regierungsgebäude – als suchten sie in äußerster Verzweiflung jetzt materielle Genugtuung für die Jahre der Diktatur und Entbehrung.
In Basra wird das „Sheraton“ ausgeräumt. Stühle, Matratzen, Decken fliegen aus den Fenstern in den Innenhof und auf die Straße.
Aus den Städten flüchten Familien. Saddam-Kämpfer mischen sich dazwischen. Sie werfen die Uniformen weg, tragen Zivil, ducken sich auf Toyota-Lastern. Sie fürchten den Volkszorn.
Marines-Sprecher Frank Thorp warnt vor zu viel Euphorie: „Es könnten noch Tage heftiger Kämpfe vor uns liegen.“ Die US-Luftwaffe fliegt pausenlose Angriffe auf Saddams Heimatstadt Tikrit, die letzte Fluchtburg des zerfallenden Reiches.
Die Stadt (260 000 Ew.) hatte der Diktator mit riesigen Summen gepäppelt, seine 3000 Menschen starke „Verwandtschaft“ dort mit Geld überschüttet.
In Basra zeigen Iraker den Journalisten Saddams Folterkeller. Hamed Fattil, der zwei Brüder dort verlor, zu CNN: „Es war der Ort des Bösen.“ Schergen spannten den Gefangenen Lederstreifen um Kopf, Hände und Schultern, zogen sie einen halben Meter an Haken hoch – und schlugen zu.
Hamed: „Sie machten unvorstellbare Dinge. Elektroschocks bis zum Tod, Chemiebäder. Sie rissen Finger- und Fußnägel aus.“
Vorbei! Endlich zu Ende...