Todesfahrer von Untermeitingen gefasst!
Verfasst: 22.05.2007 12:43
Quelle: http://www.augsburger-allgemeine.de vom 22.05.07 (nichtkostenpflichtiger Leseteil)
Was meint Ihr, wie sollte der Kerl bestraft werden? Da kam ja einiges zusammen: Alkohol am Steuer, Unfall mit Todesfolge, Unfallflucht, durch den Verkauf des Autos vielleicht sogar "Verschleierung einer Straftat".Untermeitingen
Das Todes-Auto landete auf dem Schrottplatz
Von Stefan Krog
Augsburg. Am Anfang standen die Beamten der Soko "Kombi" mit wenig da. Es gab einige Augenzeugen, und was sie zu Protokoll gaben, ist schnell erzählt: Bettina Hirtreiter (41) war in einer Dezembernacht 2006 in Untermeitingen von einem Auto erfasst worden und an den Unfallverletzungen gestorben. Sie hinterließ eine 14-jährige Tochter. Vom Unfallverursacher fehlte jede Spur. Doch dann half den Ermittlern Kommissar Zufall.
Offenbar löschte er sofort nach dem Unfall das Licht und verschwand in der Nacht. Er fahre einen dunklen Kombi, hieß es. Mehr war nicht bekannt. Gestern gab die Augsburger Polizei bekannt, einen Verdächtigen zu haben.
Fünf Monate saßen bis zu 40 Polizisten an dem Fall, so der Augsburger Polizeichef Walter Böhm - ein Aufwand, der sonst bei Mord und Totschlag betrieben wird. Sie befragten 4200 Personen und überprüften 2700 Autos in Schwaben und Oberbayern. 600 Kfz-Werkstätten wurden angeschrieben, 500 Hinweise überprüft. Mit einem richterlichen Beschluss besorgten sich die Polizisten sogar Handydaten, um herauszufinden, wer zur Tatzeit in der Funk-Zelle um den Tatort eingebucht war. "Der Fall hatte so eine Dimension, dass wir uns dazu entschlossen haben", so Helmut Sporer, Leiter des Kommissariats 1 bei der Augsburger Kripo.
Am Schluss brachte aber ein anonymer Hinweis den Durchbruch: Ein 21-jähriger Heizungsbauer, der seinen Wehrdienst ableistete, ist als Todesfahrer in Verdacht geraten. Er wurde am Mittwochabend in seiner Wohnung in Großaitingen, einem Nachbarort von Untermeitingen, festgenommen. Laut Leitendem Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz hat der Mann gestanden, betrunken den Unfall gebaut zu haben. Allerdings macht er alkoholbedingte Erinnerungslücken geltend. Gegen ihn wird unter anderem wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Er sitzt in Untersuchungshaft.
"Ein Unfall kann passieren, aber dass man das Opfer liegen lässt, ist menschenverachtend", so der schwäbische Polizeipräsident Klaus Waltrich. Letztlich zeigte der Fleiß der Beamten Wirkung, wenn auch indirekt. Die heiße Spur fand sich nicht in Datensätzen, sondern am Montag vor einer Woche auf einem anonymen Hinweistelefon. Genannt wurde der Name eines Mitfahrers. Kurz darauf ging ein zweiter Hinweis ein. Offenbar fuhr mindestens ein anderer junger Mann in dem Auto mit - und schwieg, ebenso wie der Unfallfahrer. Da es sich aber um kein anzeigepflichtiges Vergehen handelt, werden der oder die Mitwisser wohl nicht belangt werden können, so Nemetz.
"Letztlich bleibt nicht alles geheim, sondern sickert durch", so Ermittler Sporer. Doch auch das lag im Kalkül der Polizei. Sie kennt einen wichtigen Helfer - nämlich das schlechte Gewissen. Polizeipsychologen kamen zum Ergebnis, dass der Täter unter großem Druck stehen müsse. Die Polizei hielt das Thema in der Öffentlichkeit, bat "Aktenzeichen XY" um Ausstrahlung. Die Polizei veröffentlichte sogar Name und Foto der toten Frau, um dem Opfer ein Gesicht zu geben.
Der Druck auf den jungen Mann muss gewaltig geworden sein: In der Vernehmung machte er den Eindruck, erleichtert zu sein, dass man ihn geschnappt hat, sagen die Soko-Beamten. Andererseits habe er die Sache wohl zu verdrängen versucht. Sein Auto, einen etwa zwölf Jahre alten Opel Astra Kombi, verkaufte er kurz nach dem Unfall ins Allgäu. Mittlerweile wurde es verschrottet.