Eismann hat geschrieben:Ich meine inzwischen doch fast alle.
Was Bohlen und der Sender macht, wie er die Leute vorführt, das müsste inzwischen doch jeder der Teilnehmer schon einmal gesehen haben.
Doppelthread Castingshow/Dschungelcamp
Ja, das hat jeder Teilnehmer schon mal gesehen. Aber es gibt Leute, die man vor sich selbst schützen muss, zumindest diejenigen, denen kein Angehöriger oder Freund sagt, dass sie sich zum Affen machen. Alle, die nicht die hellsten Kerzen am Leuchter sind und anderen unfreiwillig den Komiker geben. Das gilt für die sabbernden Bauern, die eine Frau suchen genauso, wie für die Plattenbau-Hartzer, die mit 17 gerade ihr 4. Kind zur Welt bringen und sich vor lauter Ausweglosigkeit auf die 500 Euro stürzen, die RTL ihnen zahlt.
Anders verhält sich das Dschungelcamp zumindest aus Sicht der Protagonisten. Die haben alle ihre Erfahrungen mit den Medien und lassen vor lauter Not oder Lechzen nach Anerkennung die Hosen runter. Das ist zwar im Prinzip ebenso traurig, aber dieses "denn sie wissen nicht, was sie tun" kann man denen nicht unterstellen. Und die sind zwar im Schatten, kennen aber alle auch die Situation im Licht.
Die Motivation des Zuschauers ist vielleicht eine ähnliche, nämlich Sensationsgier oder die Lust am Versagen des anderen. Aber das ist ja auch völlig wurscht und mir ziemlich egal. Das einzige, was mir nicht egal ist, das ist das Deckmäntelchen der Musik.
Mit Musik hat das aus meiner Sicht nicht sehr viel zu tun. Bohlen kommt aus der Schlagerbranche der Achtzigerjahre und exakt so ist sein Beurteilungssystem aufgebaut. Hier ein paar freundliche Nasenlöcher, dort eine passende Locke und eine Stimme, die keinem weh tut und nicht neben der Spur liegt. Modseidank wurden auf diese Weise noch nie "Stars" gefunden. Wo kein Platz für Individualität und Schrägness ist, da gibt es nur Instant-Konformisten. Wäre auch nicht weiter schlimm, würde man den jungen Menschen nicht allen Ernstes erzählen, dass sie entweder Vollidioten sind oder das Potenzial zum Star in ihnen schlummert. Außerdem ist es eine One-Man-Show, in der nur noch das Währenddessen und nicht das Danach zählt, mit den anderen Juroren und den Möchtegersängern in den zweiten und dritten Reihen und einem selbsternannten "Poptitan" an vorderster Front, der glaubt musikalisches Gespür und Talent gepachtet zu haben.
Wollte man tatsächlich inen Talentwettbewerb veranstalten, dann ließe man die Bewerber ihre eigenen Songs singen und spielen und gibt das alleinige Votum dem Zuschauer. Das wird zwar auch nicht zum Starbuilding reichen, wäre aber vielleicht etwas musikalischer.